24. November 2024

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Wenn Kind Brille, Hörgerät oder Spange blöd findet

Ein Zahnspangen-Modell in lustigen Regenbogenfarben kann hilfreich sein, damit kleine Träger überhaupt Lust bekommen, das Hilfsmittel auch auszuprobieren. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Stephanie Pilick/dpa/dpa-tmn)

Es kommt schon mal vor, dass Kinder nicht hören – aber das könnte nicht nur an einem kleinen Dickkopf liegen, sondern an einem tatsächlichen Problem mit den Ohren. Wenn dann ein Hörgerät verordnet wird, trifft das bei den Kleinen meist erstmal auf Ablehnung oder Widerwillen.

Eine ähnliche Abneigung kennen Eltern, wenn ihr Kind die erste Brille oder eine Zahnspange tragen soll. «Auch wenn es anfangs noch drückt und sich wie ein Fremdkörper anfühlt, würde ich Eltern ein liebevolles Dranbleiben wünschen. Sie sollten das Kind ermutigen und immer wieder aufbauen.» Das sagt Dana Mundt, Sozialpädagogin von der Onlineberatung der Bundeskonferenz für Erziehungsberatung (bke) im Interview.

Frage: Im kindlichen Umfeld sehen Kinder meist keine oder wenige «Leidensgenossen» und fühlen sich mit ihrem neuen Hilfsmittel unwohl. Wie können Eltern schlau vorgehen, wenn sich das Kind weigert, Brille, Hörgerät oder Zahnspange zu tragen?

Dana Mundt: Man sollte sich in das Kind hineinversetzen. Spange, Brillengestell oder Hörgerät sind neu. Die Geräte stören ganz bestimmt am Anfang. Man hört, sieht oder spricht ganz anders. Das ist irritierend und eine Veränderung, an die man sich auch erst gewöhnen muss. In der Regel braucht jede Veränderung auch Zeit!

Gerade am Anfang ist mit Frust zu rechnen, etwa wenn das neue Teil im gewohnten Alltag oder beim Spielen mit anderen Kindern noch hinderlich ist. Diese Umstellung sollten Eltern gut begleiten, etwa indem sie mit dem Kind immer wieder geduldig zum Anpassen oder zur Korrektur beim Hörakustiker, Optiker oder Kieferorthopäden vorstellig werden – bis alles gut passt. Das Motto für alle heißt Durchhalten.

Frage: Wie lässt sich der «Fremdkörper» dem Kind gegenüber besser verkaufen?

Mundt: Sicher hilft anfangs etwa ein kindgerechtes Brillengestell oder Hörgerät, vielleicht sogar in der Lieblingsfarbe oder mit einem coolen Sticker, damit der kleine Träger oder die Trägerin erstmal Lust bekommt, das Teil überhaupt auszuprobieren, aufzusetzen bzw. einzusetzen.

Ein cooles Aussehen ist aber erst der Anfang. Im nächsten Schritt sollte man mit dem Kind gemeinsam auch immer wieder schauen und besprechen, was wie gut geht und was es nun besser sieht und hört. Kleine Erfolge darf man dann auch feiern.

Im Idealfall sind hier Eltern auch Vorbilder, indem sie zeigen, wie man die Brille wie einen Schatz gut putzt und dass man sie abends natürlich auch mal absetzen kann und wie man sie vorsichtig hinlegt. Das zeigt: Es ist ein wertvolles Hilfsmittel.

Bei älteren Kindern mit Zahnspange ist es heutzutage vermutlich auch nicht mehr ganz so schwierig wie früher. Moderne Gestelle sind fast unsichtbar oder nur nachts zu tragen. Für manche Kinder und Jugendliche sind die Spangen vielleicht anfangs sogar cool, weil alle eine haben.

Doch das Dauertragen kann auch schnell nerven, weil es drückt und stört. Man muss plötzlich auch anders putzen und oft zum Zahnarzt bzw. Kieferorthopäden. Es ist umso nachvollziehbarer, dass es hier mal ein «ich will das Ding aber nicht mehr tragen» gibt oder «vergessen» wird, es einzupacken.

Auch da wünsche ich den Eltern die nötige Geduld und das Dranbleiben. Dazu gehört auch, immer wieder zu erläutern und erinnern, wofür die Spange gut ist und dass diese Zeit auch wieder vorbei geht.

Frage: Und wenn die Geduld nicht weiterhilft? Was machen Eltern bei Totalverweigerern?

Mundt: Man kann ja niemanden zu etwas zwingen. Aber ich würde Eltern empfehlen, sich gemeinsam an einen Tisch zu setzen und zu schauen, was vielleicht doch geht. Was könnte angesichts hoher Anschaffungskosten ein Kompromiss sein?

Noch hilfreicher ist es, dieses Runde-Tisch-Gespräch bereits vorab zu führen. Ist der «Leidensdruck» bei einer eher kosmetischen Frage einer Zahnspange nicht hoch genug, kann man das Zahnspangen-Projekt ja vielleicht noch verschieben.

Doch wenn es der oder die Jugendliche selbst unbedingt möchte, dann sollte man darüber ausführlich sprechen, was das für eine Investition ist und was das für die nächste Zeit bedeutet. Wenn sich das Kind dafür entscheidet, müsse es auch dran bleiben.

Stehen gesundheitliche Gründe im Vordergrund, etwa weil Zahn- oder Kieferfehlstellungen wichtige Funktionen wie Sprache, Atmung oder Kauen beeinträchtigen, wäre eine erneute Hinzuziehung des Zahnarztes oder Kieferorthopäden zu empfehlen und nach tragbaren Lösungen zu suchen.

Interview: Claudia Wittke-Gaida, dpa