24. November 2024

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Bluttest auf Trisomien: Was werdende Eltern wissen sollten

Bluttests, die Kenntnis über gewisse Erbgutfehler beim Baby versprechen, werden in bestimmten Fällen von den Kassen bezahlt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Patrick Seeger/dpa/dpa-tmn)

Was möchten wir über die Gesundheit unseres ungeborenen Kindes erfahren? Diese Frage stellen sich werdende Eltern schon früh in der Schwangerschaft. Viele Untersuchungen sind Standard, andere optional.

Dazu gehört der nicht-invasiven Pränataltest, kurz: NIPT. Seit Juli 2022 übernimmt die Krankenkasse unter bestimmten Voraussetzungen die Kosten.

Der freiwillige Test ist ab der 10. Schwangerschaftswoche anwendbar und risikoarm für Mutter und Kind: Aus der Blutprobe der Schwangeren wird im Labor kindliche DNA gewonnen, die Aufschluss über genetische Veränderungen gibt. Etwa ob eine Trisomie vorliegen könnte, bei der bestimmte Chromosomen in den Zellen des Kindes statt zweifach dreifach vorhanden sind.

Wer hat Anspruch auf einen NIPT?

«Der Test gehört nicht zu den allgemein empfohlenen Vorsorgeuntersuchungen», sagt der Gynäkologe Jochen Frenzel aus Saarbrücken. Er hat die sogenannte Zusatzqualifikation zur fachgebundenen genetischen Beratung. Sie ist verpflichtend, um Schwangere über den NIPT aufzuklären und ihn durchzuführen.

Damit die Kassen den Test bezahlen, muss eine Begründung vorliegen. Das kann beispielsweise ein auffälliger Ultraschallbefund sein. «Letztlich haben aber alle Schwangeren einen Anspruch auf die Kostenübernahme, solange sie ihre Sorge über mögliche Erkrankungen ihres Kindes zum Ausdruck bringen und diese Sorge sie psychisch belastet.»

Jochen Frenzel klärt seine schwangeren Patientinnen bereits in der ersten Untersuchung über die Existenz des Tests auf. Dazu gehört für ihn, ausreichend über die Aussagekraft und mögliche Folgen des Befundes zu informieren und zu beraten.

Was sagt der Test aus?

Wichtig ist Jochen Frenzel, dass werdende Eltern die Aussagekraft des NIPT nicht überschätzen. «Viele Eltern glauben, dass ein negativer Befund ihnen ein gesundes Kind garantiert, das ist nicht der Fall», sagt der Gynäkologe, der auch Vorstandsmitglied des Berufsverbands der Frauenärzte ist.

Denn: Der NIPT kann nur die Wahrscheinlichkeit für die Trisomien 13, 18 und 21 bestimmen – die vielen hundert anderen genetischen Erkrankungen oder rein körperlichen Krankheiten, die keinen Bezug zu Genetik haben, bleiben außen vor.

Was sagt der sogenannte NIPT also aus? «Er kann die Chromosomen-Abweichungen, die für eine Trisomie 13, 18 oder 21 verantwortlich sind, feststellen», sagt Oliver Harzer. Er ist Facharzt für Laboratoriumsmedizin und Geschäftsführer des Labors Bioscientia Healthcare GmbH.

Der Test sei sehr aussagekräftig und liefere in 99,9 Prozent der Fälle ein richtiges Ergebnis. Das liegt in aller Regel nach frühestens zwei Tagen vor und wird den Eltern meist vom behandelnden Gynäkologen oder der Gynäkologin mitgeteilt.

«Trotz der hohen Sicherheit handelt es sich beim NIPT-Ergebnis um keine Diagnose, sondern wird als Risikoeinschätzung verstanden», erklärt Johanna Tecklenburg, Ärztin in der Humangenetik bei der Bioscientia Healthcare am Standort Ingelheim.

Und wenn der Befund auffällig ist?

Für eine sichere Diagnose müssen sich nach einem positiven NIPT-Befund invasive Untersuchungen anschließen – die sogenannte Chorionzottenbiopsie, bei der Gewebe aus der Plazenta entnommen und im Labor untersucht wird. Oder die Amniozentese, bei der Fruchtwasser entnommen und untersucht wird.

Nur wenn diese invasiven Eingriffe stattgefunden haben und eine sichere Diagnose vorliegt, dürfen Schwangere eine Spätabtreibung aufgrund der Behinderung ihres Kindes vornehmen lassen, wenn sie sich dafür entscheiden.

Wichtig zu wissen: Eine bis vier von 1000 Frauen erleiden ausgelöst durch die invasiven Untersuchungen eine Fehlgeburt.

Wie gehen werdende Eltern mental mit einem positiven Befund um?

«Ergibt sich aus dem Bluttest ein positiver Befund, versetzt dies Eltern häufig in einen Schockzustand, aus dem heraus sie weitere wichtige Entscheidungen treffen müssen», sagt Angelika Dohr, Frauenärztin und ärztliche Psychotherapeutin. Im Auftrag von Pro Familia leistet sie am Uniklinikum Münster psychosoziale Beratung zur Pränataldiagnostik.

«Es geht in der Beratung darum, das Unfassbare auszuhalten, Gedanken bewusst auszusprechen, Fragen zu beantworten und Zeit zu schaffen für eine Entscheidung und die Absicherung des Tests.» Was genau heißt es, wenn mein Kind eine Trisomie 13, 18 oder 21 hat? Wie kann das Familienleben dann aussehen?

Wertneutrale Information und Zeit zum Nachdenken seien in dieser Situation das Wichtigste, sagt Angelika Dohr. Die Ärztin sieht die Frauen und Paare meist erst nach einem auffälligen Befund, obwohl das Beratungsangebot – wie auch andere – schon vor dem NIPT genutzt werden könnte. «Wichtig für Schwangere ist zu wissen, dass sie sich schon so früh an uns wenden können.»

Wer gut auf die Entscheidungsmöglichkeiten nach einem auffälligen Befund vorbereitet sei, könne beispielsweise im Vorhinein auch frei entscheiden, auf den NIPT zu verzichten, so Dohr. Eine ebenfalls ausführliche Beratung nach positivem NIPT-Befund bieten außerdem Fachärzte für Humangenetik an.

Seit der Kostenübernahme des NIPT durch die Krankenkassen bemerkt Labormediziner Oliver Harzer ein höheres Test-Aufkommen in seinen Laboren. «Es gibt deutlich mehr Anfragen, wir mussten gerätetechnisch bereits jetzt aufrüsten.»

Umso wichtiger sei es, dass die Netzwerke zwischen Gynäkologen, Humangenetikern und Beratungsstellen gut funktionierten. «Jeder von uns ist ein Mosaiksteinchen in der Betreuung und Beratung von Schwangeren», sagt Harzer. Von zentraler Bedeutung ist, dass werdende Eltern schon früh Beratungsmöglichkeiten kennen. Denn dann können sie den richtigen Weg für sich wählen.

Von Sandra Arens, dpa