Der Corona-Impfstoff des US-Pharmakonzerns Johnson & Johnson hat eine Besonderheit: Das Präparat muss nur einmal verabreicht werden. Damit unterscheidet es sich von den drei bislang in der EU zugelassenen Impfstoffen, die zwei Dosen benötigen.
Die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) hat nun die Zulassung des Corona-Impfstoffes des US-Herstellers Johnson & Johnson in der EU empfohlen. Das teilte die EMA in Amsterdam mit. Entwickelt wurde das Präparat in den Niederlanden vom Tochterunternehmen Janssen. Ein Vergleich:
Wie unterscheiden sich die Impfstoffe?
Die von Astrazeneca und Johnson & Johnson sind sogenannte Vektorimpfstoffe. Sie brauchen als Grundlage ein Virus, um Informationen in den Körper zu schleusen. Bei Johnson & Johnson ist es ein unschädlich gemachtes menschliches Schnupfenvirus. Es enthält genetisches Material eines Oberflächenproteins, mit dem der Erreger Sars-CoV-2 an menschliche Zellen andockt. Die Körperzellen des Geimpften bilden mit Hilfe der Bauanleitung das Protein, der Körper entwickelt eine Immunantwort.
Die Präparate von Biontech/Pfizer und Moderna dagegen sind sogenannte mRNA-Impfstoffe. «m» steht für messenger (Bote), «RNA» für Ribonukleinsäure. Hier ist die mRNA die Bauanleitung für einen Bestandteil des Covid-19-Erregers. Sie gelangt mit Hilfe winziger Fetttröpfchen in die Körperzellen. Diese stellen dann ebenfalls das Virusprotein her, gegen das der Körper seine Immunantwort entwickelt.
Wie gut wirken die Impfstoffe?
Die vektorbasierten Modelle müssen sich den neuartigen mRNA-Impfstoffen in dieser Hinsicht etwas geschlagen geben: Der Impfstoff von Johnson & Johnson bietet laut US-Arzneimittelbehörde (FDA) einen 66-prozentigen Schutz vor mittleren oder schweren Covid-19-Verläufen – gemessen 28 Tage nach Verabreichung. Vor schweren bis lebensbedrohlichen Erkrankungen ist der Geimpfte laut FDA nach dem gleichen Zeitraum mit 85 Prozent geschützt. Das Mittel von Astrazeneca wies laut Hersteller 14 Tage nach der zweiten Dosis eine Wirksamkeit von etwa 70 Prozent auf. In einer neuen Studie erreichte es bei einem deutlich größeren Abstand zwischen den Dosen nach der zweiten Impfung bis zu 82 Prozent.
Höher liegen die Ergebnisse bei den mRNA-Präparaten: Das US-Unternehmen Moderna beziffert die Wirksamkeit seines Impfstoffs auf 94 Prozent – gemessen 14 Tage nach der zweiten Dosis. Comirnaty von Biontech/Pfizer zeigte laut Studien der Unternehmen bereits sieben Tage nach der zweiten Dosis eine Wirksamkeit von 95 Prozent.
Jüngst wurden Bedenken entkräftet, dass diese Werte bei einem massenhaften Einsatz nicht erreicht werden könnten. Aus Israel mit überwiegend verwendeten Biontech-Impfstoff und Großbritannien mit dem von Astrazeneca kamen positive Daten, dass entsprechende Klinikeinweisungen stark reduzieren würden. Studien aus Israel und Großbritannien legen auch nahe, dass vor allem Biontech Ansteckungen deutlich vermindert.
Wie oft wird geimpft?
Hier gibt es den größten Unterschied zu den bisher in der EU zugelassenen Mitteln: Das Präparat von Johnson & Johnson muss nur einmal verabreicht werden. In vorherigen Studien experimentierte der Pharmariese auch mit zwei Dosen im Abstand von 56 Tagen. In der Gruppe der 18- bis 55-Jährigen hatten jedoch etwa einen Monat nach der einmaligen Impfung laut Hersteller bereits über 90 Prozent der Teilnehmer neutralisierende Antikörper in höheren Konzentrationen im Blut. Der Konzern setzte auf eine Einmalgabe.
Alle drei weiteren in der EU zugelassenen Impfstoffe erfordern zwei Impfungen. Bei Biontech/Pfizer bekommt der Patient im Abstand von etwa drei Wochen jeweils eine Dosis. Beim Produkt von Moderna sind es rund vier, bei Astrazeneca mindestens vier Wochen. Wegen der höheren Wirksamkeit bei einer verzögerten zweiten Gabe rät die Weltgesundheitsorganisation (WHO), damit bis zu zwölf Wochen zu warten. Der Astrazeneca-Impfstoff soll jetzt bei Minderjährigen zwischen 6 und 17 Jahren getestet werden.
Bei beiden Impfungen solle stets dasselbe Präparat zum Einsatz kommen, rät das Robert Koch-Institut (RKI). Bei einem Wechsel des Präparats könne die volle Wirksamkeit derzeit nicht gewährleistet werden, teilt das Paul-Ehrlich-Institut (PEI) mit. Bei einer späteren Nachimpfung ist ein Wechsel des Präparats – etwa von Vektor- zu mRNA-Impfstoff – nach Ansicht von Immunologen problemlos möglich.
Welche Nebenwirkungen gibt es?
Dem RKI zufolge waren bislang Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopf- und Gelenkschmerzen sowie Schüttelfrost die nach den Impfungen am häufigsten beobachteten Nebenwirkungen. Im Allgemeinen waren sie aber schwach bis mäßig und klangen nach kurzer Zeit wieder ab. Laut RKI können bei mRNA-Präparaten wie bei allen anderen Impfstoffen «in sehr seltenen Fällen» allergische Sofortreaktionen bis hin zum Schock oder andere auch bisher unbekannte Komplikationen nicht ausgeschlossen werden.
Die Ständige Impfkommission beim RKI (Stiko) empfiehlt die Impfung auch für Menschen mit Immunschwäche – also zum Beispiel bei HIV-Infektionen, Krebserkrankungen oder nach Organtransplantationen. «Wenngleich Personen mit geschwächtem Immunsystem möglicherweise nicht so gut auf den Impfstoff ansprechen, bestehen keine besonderen Sicherheitsbedenken», heißt es auch bei der Europäischen Arzneimittel-Agentur EMA.
Schützen die Impfstoffe auch vor Varianten des Virus?
Die Hersteller Moderna und Biontech/Pfizer sind zuversichtlich. Erste Tests deuten darauf hin, dass ihre Impfstoffe auch vor den beiden zunächst in Großbritannien und Südafrika nachgewiesenen Varianten schützen. Allerdings stellten die Unternehmen auch fest, dass Geimpfte gegen die Variante aus Südafrika offenbar eine schwächere Immunantwort aufbauen.
Das Astrazeneca-Vakzin schützt vor der britischen Mutante, Zweifel gibt es jedoch an der Wirksamkeit gegen die südafrikanische Variante. Man könne den Impfstoff gegebenenfalls anpassen, teilten Pfizer und Biontech mit. Moderna will unter anderem die Wirkung einer zusätzlichen Auffrischungsdosis testen.
Südafrika setzt nun auf das Präparat von Johnson & Johnson. Dessen Wirksamkeit gegen die dort vorherrschende Variante B.1.351 sei belegt, hieß es. Das Vakzin soll auch bei der brasilianische Variante P.1 einen Schutz bieten.
Wie werden die Impfstoffe gelagert?
Ein großer Vorteil bei Johnson & Johnson und Astrazeneca ist, dass man sie bei Kühlschranktemperaturen von zwei bis acht Grad Celsius über Monate lagern kann. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer wird dagegen bei rund minus 70 Grad aufbewahrt. Nach jüngsten Informationen der Unternehmen bleibt er jedoch zwei Wochen lang auch bei minus 25 bis minus 15 Grad Celsius stabil. Beim Moderna-Impfstoff muss es mit etwa minus 20 Grad nicht ganz so kalt sein.
Wie viel Impfstoff ist für Deutschland vorgesehen?
Die EU-Kommission hat mit insgesamt sechs Herstellern Rahmenverträge über die Lieferung von insgesamt etwa 2,3 Milliarden Impfstoffdosen geschlossen. Deutschland hat sich laut Gesundheitsministerium gut 94 Millionen Dosen von Biontech/Pfizer gesichert, von Moderna rund 50 Millionen. Von Astrazeneca sollen 56,3 und von Johnson & Johnson 36,7 Millionen Dosen geliefert werden.
Akzeptanzprobleme bei Astrazeneca
Das Vertrauen der Deutschen in die Sicherheit der
bisher in der EU zugelassenen Corona-Impfstoffe ist unterschiedlich
ausgeprägt. Nach einer YouGov-Umfrage sagen zwei Drittel der
Deutschen (66 Prozent), der Impfstoff von Biontech/Pfizer sei ihrer
Meinung nach sicher. Nur 43 Prozent machten diese Angabe beim Vakzin
von Astrazeneca und 54 Prozent bei dem von Moderna. 27 Prozent der
deutschen Befragten wollen sich nicht mit dem Astrazeneca-Vakzin
impfen lassen und warten, bis ihnen ein anderer Impfstoff angeboten
wird. 35 Prozent würden sich damit impfen lassen. Bei Moderna sagen
dies 49 und bei Biontech/Pfizer 61 Prozent.
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