Als am 26. August 1956 die «Film- und Fernsehzeitschrift» mit dem Titel «Bravo» zum ersten Mal erschien, war das ein Meilenstein. Generationen von Jugendlichen haben darin erfahren, was ihre Stars sie wissen lassen wollten und sich Sextipps bei «Dr. Sommer» geholt.
Die ersten «Bravo»-Preise, die «Ottos», gingen 1957 an Maria Schell und James Dean, der erste «Bravo-Starschnitt» zeigte im Jahr 1959 Brigitte Bardot in Lebensgröße. 1966 holte die Zeitschrift die Beatles zur «Blitztournee» nach Deutschland, 1969 meldete sich Aufklärer «Dr. Sommer» erstmals zu Wort, und drei Jahre später erschien die erste «Foto-Lovestory» mit dem Titel «Birgits erste Liebe».
Digital first auch bei der «Bravo»
Das, was früher Jugendkultur war, ist heute längst historisch. «Was für „uns alte“ Menschen weltverändernd war – 9/11 (2001), Angela Merkel wird Bundeskanzlerin (2005), das erste iPhone kommt auf den Markt (2007) – kennt ein Großteil der Gen Z aus Geschichtsbüchern. Wenn überhaupt…», sagt die «Bravo»-Chefredakteurin Digital Yvonne Huckenholz über die «Generation Z», die Jugend von heute. «Trends der 90er Jahre sind in ihren Augen Vintage. Lineares Fernsehen und CDs? Nein, danke. Ihr Wissen ziehen sie sich aus YouTube oder Tiktok-Videos.»
Darauf hat auch die «Bravo» reagiert: «Jetzt stehen bei einer Marke, die einst über eine Million Print-Hefte in der Woche verkaufte, die digitalen Kanäle im Mittelpunkt», sagt Huckenholz. Es geht immer noch darum, die Jugendlichen ernst zu nehmen und sie so zu akzeptieren, wie sie sind, und ihre Bedürfnisse dort zu bedienen, wo sie sich rumtreiben. Das sind heute – man ahnt es – die digitalen Medien.»
Laut einer Mediennutzungsstudie der «Bravo» haben heute 91 Prozent der 10- bis 14-Jährigen ein Smartphone. Bei den ab 15-Jährigen sind es 99 Prozent. «So sehr es Eltern auch stören mag, wenn das Kind „nur am Handy hängt“ – für die Gen Z geht es nicht ohne. Und damit auch für „Bravo“ nicht», sagt sie. «“Bravo“ macht Content für Jugendliche, wie sie wirklich sind – nicht, wie Erwachsene sie gerne hätten.»
Alle vier Wochen erscheint das gedruckte Magazin heutzutage noch – vor allem als Angebot an Jüngere, die noch nicht den ganzen Tag am Handy hängen. Die Auflage liegt derzeit bei 83 000. Zum Vergleich: Auf Instagram hat die «Bravo» nach Angaben des Verlags mehr als 579 000 Follower, auf Tiktok mehr als 270 000. «Junge Menschen finden Magazine nicht doof – es ist aber eben nicht ihr Massenmedium», sagt Huckenholz. «Tendenziell entwickelt sich Print für die junge Zielgruppe immer mehr hin zum Luxus-Objekt.»
16 Interviews mit Michael Jackson
Nur einmal im Monat eine «Bravo»? Ein Zustand, der noch in den 90er Jahren undenkbar gewesen wäre. «Damals war „Bravo“ so gut wie alternativlos», sagt Alexander Gernandt. Bei dem Musikjournalisten drehte sich ein Vierteljahrhundert lang alles um die «Bravo». Von 1988 bis 2013 arbeitete er für die legendäre Jugendzeitschrift – zuletzt sogar als Chefredakteur.
Er interviewte allein Michael Jackson 16 Mal und erlebte eine Zeit, in der die «Bravo» eine Auflage von 1,7 Millionen und bis zu sechs Millionen Leser hatte. «Man musste Bravo lesen, um zu wissen, was bei den Lieblings-Stars los ist: Wie sieht der neue Hairstyle von Madonna aus, wie die Show von Take That? Wie leben Robbie Williams oder Shakira privat? Mit der zunehmenden Digitalisierung hat sich das verändert.»
Take That bei der Weihnachtsfeier
«Bravo» konnte damals auch selbst Stars machen und entdeckte Mega-Bands lange bevor sie ganz groß wurden. Einmal, so erinnert sich Gernandt, traten Take That bei der internen Weihnachtsfeier der Redaktion in München auf – noch bevor sie Mädchen überall in Europa ins Kreisch-Delirium versetzten.
Die Münchner Zeitschriftenredaktion, die damals diese legendäre Weihnachtsfeier zelebrierte, gibt es inzwischen nicht mehr. Zu Jahresbeginn wurde sie eingestampft. Seither kommt das, was in der gedruckten «Bravo» steht, von einem externen Kölner Redaktionsbüro.
Die «Bravo» sei «kein Relikt aus alten Zeiten, betont die «Bravo»-Chefredakteurin Digital, Huckenholz, und zielt damit vor allem auf das ab, was inzwischen online stattfindet – «sondern genauso jugendlich wie an ihrem Ersterscheinungstag». Auch Ex-Chefredakteur Gernandt glaubt an die Zukunft der «Bravo» – als Marke.
«“Bravo“ ist im Alltag noch immer sehr präsent: in Quizshows, in Dokumentationen, etwa bei „ZDF History“», sagt er. «Natürlich hat sie an Print-Auflage verloren über die Jahre, wie so viele andere Print-Objekte auch. Aber „Bravo“ hat sich längst digital aufgestellt. Die Marke „Bravo“, zu der auch die „Bravo Hits“-CDs gehören, wird überleben.»
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