Sie kosten gut und gerne mehrere Tausend Euro – und ermöglichen gerade älteren Menschen, was nach jahrzehntelangem Treppensteigen oft nicht mehr unbeschwert möglich ist: im Haus von unten nach oben zu kommen. Treppenlifte helfen so auch, einen unfreiwilligen Umzug zu vermeiden.
Doch weil kaum ein Haus dem anderen gleicht, muss ein solcher Lift in der Regel maßgeschneidert sein. Wer zu Hause einen Vertrag abschließt, überlegt es sich vielleicht später noch einmal anders. Ob die Kundinnen und Kunden den Auftrag stoppen können, haben Gerichte in Deutschland bisher allerdings unterschiedlich bewertet. Seit Mittwoch herrscht Klarheit.
Verbraucherfreundliches Urteil
In einem verbraucherfreundlichen Urteil hat der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe entschieden, dass beim Kauf eines maßangefertigten Kurventreppenlifts ein vierzehntägiges Widerrufsrecht besteht (Az. I ZR 96/20). Und darüber müssten Kunden informiert werden – gerade wenn das Geschäft nicht in den Räumen des Unternehmens abgeschlossen wird.
«Das ist eine sehr gute Entscheidung für Verbraucherinnen und Verbraucher», sagte Niklaas Haskamp von der Verbraucherzentrale Baden-Württemberg. Diese hatte gegen die Firma AP+ Treppenlifte geklagt, die zur Kölner Liftstar Gruppe gehört, und bei passgenau produzierten Liften ein Widerrufsrecht der Kunden verneint hatte.
Auch deren Vertreter, Felix Withöft, begrüßte das Urteil des ersten Zivilsenats, «weil er Klarheit und Rechtssicherheit schafft für alle Beteiligten – insbesondere für die Kunden und Verbraucher, aber natürlich auch für uns als Treppenliftanbieter». Für die Treppenlift-Branche sei es eine wichtige Entscheidung, weil es Uneinigkeit darüber gab, um welchen Vertragstyp es sich handelt.
Zum Hintergrund:
Manche Hersteller – wie auch Liftstar – waren bisher davon ausgegangen, dass es sich um sogenannte Werklieferungsverträge handele, bei denen kein Widerrufsrecht eingeräumt werden muss. Das Argument war laut Withöft, dass die ins Treppenhaus eingepasste Laufschiene nicht wiederverwendet werden kann. So hatte es in dem Fall zuletzt auch das Oberlandesgericht Köln entschieden. «Wir haben das anders gesehen», sagte der Vorsitzende Richter Thomas Koch.
Dem Urteil zufolge handelt es sich um Werkverträge. Die Abgrenzung sei «nicht immer ganz einfach», räumte Koch ein. Dem Kunden gehe es beim Kauf eines Treppenlifts aber nicht in erster Linie darum, die Einzelteile zu bekommen. Im Vordergrund stehe der Einbau einer funktionsfähigen Einheit. Die Revision der Verbraucherschützer habe daher Erfolg. Der BGH verurteilte den Hersteller zur Unterlassung.
«Der Unternehmer ist deswegen nicht schutzlos», sagte Koch. Er könne zum Beispiel die zwei Wochen abwarten, bevor er mit der Produktion beginnt. Sollte er auf ausdrücklichen Wunsch des Kunden schon vorher starten, stünde ihm anteilig das Geld zu.
Abwarten sei nicht im Sinne des Kunden, sagte Withöft von Liftstar. Daher werde die Firma nichts an ihren Vorläufen ändern. «Dem Kunden ist es wichtig, dass es schnell geht mit dem Treppenlift. Da müssen wir schauen, dass wir mit unseren Prozessen das trotzdem hinbekommen, dass er schnell eine Lösung bekommt und nicht wochenlang darauf warten muss, dass er wieder in seinem eigenen Zuhause mobil ist.»
Ein Kurvenlift koste zwischen 12.000 und 15.000 Euro, hatte Matthias Bauer, bei der Verbraucherzentrale zuständig für Bauen, Wohnen und Energie, bei der Verhandlung im Juli gesagt. Verbraucherinnen und Verbraucher seien vielleicht in einer Notsituation, würden häufig zu Hause überrumpelt oder zu einem schnellen Vertragsabschluss gedrängt, erläuterte Sprecher Haskamp. «Deswegen hat der Gesetzgeber vorgesehen, dass man da 14 Tage sozusagen Bedenkzeit hat.»
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