23. November 2024

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Reichen bei Omikron die PCR-Testkapazitäten noch aus?

Die Schlangen vor den PCR-Teststellen sind in vielen Städten oft lang. Daher sollen künftig bestimmte Personengruppen priorisiert werden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa)

Omikron verbreitet sich in Windeseile – und ein Höchstwert bei Neuinfektionen und Sieben-Tage-Inzidenz jagt derzeit den nächsten. Vor jedem gezählten Corona-Fall stehen ein positiver PCR-Test und dessen Erfassung.

Die schiere Testmenge treibt Labore und Gesundheitsämter an ihre Kapazitätsgrenzen. Und immer lauter stellt sich die Frage: Werden die PCR-Tests knapp?

«In Norddeutschland sind die Testlabore schon am Limit. Wir haben hier inzwischen Positivraten von 30 bis 40 Prozent, ich habe so etwas noch nie erlebt», sagt der Vorsitzende des Verbandes Deutscher Laborärzte, Andreas Bobrowski, der Deutschen Presse-Agentur. Mittlerweile seien mehr als 90 Prozent der detektierten Corona-Infektionen auf die Omikron-Variante zurückzuführen, sagte der Lübecker Mediziner. «Wir sehen, dass es jetzt auch in mittel- und süddeutschen Laboren ordentlich anzieht.»

Testkapazitäten nähern sich der «Volllast»

Vielerorts seien die Kapazitätsgrenzen der Labore bereits überschritten, was bedeute, dass die angestrebte Dauer von 24 Stunden vom Abstrich bis zum Testergebnis oft nicht mehr eingehalten werden könne. Bobrowski ist sicher: «Da werden wir überall an unsere Grenzen stoßen.» Bei der Wartezeit sehe er «ganz klar die 36 bis 48 Stunden auf uns zukommen» – die Infektions- und damit Testzahlen dürften schließlich vorerst weiter steigen.

Doch was, wenn obendrein nicht mehr genug PCR-Tests für alle zur Verfügung stehen? Der Verband Akkreditierte Labore in der Medizin (ALM) teilt mit, in der Vorwoche habe die Auslastung der Labore im bundesweiten Durchschnitt bei 86 Prozent gelegen. Mit fast zwei Millionen in einer Woche durchgeführten PCR-Tests sei ein Allzeithoch erreicht worden. «Die Lage ist tatsächlich ernst, die Labore sind an den Kapazitätsgrenzen und darüber hinaus», sagt der ALM-Vorsitzende Michael Müller.

Dass PCR-Tests in manchen Pandemiephasen knapp werden können, ist grundsätzlich in die Planungen einbezogen. Generell sieht die Nationale Teststrategie bei nur noch begrenzter Kapazität eine Priorisierung von PCR-Tests vor. Vorrang haben dann etwa Menschen mit Covid-19-Symptomen und Kontaktpersonen von nachgewiesen Infizierten. Doch auch der Schutz von Menschen mit besonders hohen Corona-Risiken beispielsweise im Gesundheitswesen steht im Vordergrund.

Priorisierung bei Testungen und Auswertungen

Müller bekräftigt erneut seinen Appell, die Teststrategie schneller und konsequenter anzuwenden, um eine Überlastung der Labore und der Fachkräfte zu vermeiden. PCR-Tests müssten da, wo es sinnvoll und möglich sei, zum Beispiel durch Antigentests ersetzt werden. Er verwies auf hochwertige laborbasierte Antigentests, die den Bedarf an PCR-Tests sinnvoll reduzieren könnten.

Auch Labormediziner Bobrowski verweist auf die vorgesehene Priorisierung der Testungen und Auswertungen. Er gibt zu bedenken, dass durch die nach und nach in Kraft tretenden neuen Bestimmungen zum früheren Freitesten aus der Corona-Quarantäne oder -Isolierung eine zusätzliche Testflut zu erwarten sei. Bei diesen Tests müsse ebenfalls eine entsprechende Priorisierung greifen.

Lauterbach hatte dazu gesagt, für diese Freitestungen aus der Quarantäne habe er veranlasst, dass es für Gesundheitspersonal einen Vorrang bei der Labor-Auswertung gebe. Um PCR-Tests zu «sparen», sind sie auch nur für Beschäftigte in Kliniken, Pflegeheimen und Einrichtungen für Behinderte beim Freitesten verpflichtend. Ansonsten sollen auch Schnelltests verwendet werden können.

Nachverfolgung auf enge Kontaktpersonen konzentrieren

Doch nicht nur die Labore ächzen unter dem Testansturm. Für die deutschen Gesundheitsämter bedeuten die Rekordinzidenzen eine neue Dimension der Anstrengung bei der Erfassung und Kontaktnachverfolgung. Von einigen Seiten werden erneut Forderungen nach einer kurzfristigen Aufstockung des Personals laut, um die sich immer mehr verästelnden Infektionsketten im Blick behalten zu können.

«Die Arbeitsbelastung im Meldesystem ist extrem hoch», stellt Helmut Dedy, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetages, angesichts der Höchstzahl an positiven PCR-Tests seit Pandemiebeginn klar. Schließlich müsse bei jeder Meldung eines Labors über einen positiven Test vom Gesundheitsamt vor Weitergabe an Land und Bund geprüft werden, ob es sich um einen neuen Fall handele oder beispielsweise nur eine versuchte Freitestung.

Zwar seien die Gesundheitsämter leistungsfähiger als vor der Pandemie, gleichzeitig führten die Infektionszahlen aber auch zu Höchstbelastungen in der Kontaktnachverfolgung. Besonderes Augenmerk werde auf Pflegeheime und Behinderteneinrichtungen gelegt. Die Flut an Neuinfektionen könne bei den Ämtern inzwischen bis an die Grenze der Leistungsfähigkeit führen, mahnt Dedy. «Dann müssen die Gesundheitsämter priorisieren.» Mit Blick auf eine mögliche Einschränkung der Kontaktnachverfolgung halte er es am sinnvollsten, sich vorrangig auf enge Familienangehörige oder andere enge Kontaktpersonen zu konzentrieren.

Dedy fordert etwa klare Leitlinien auch für eine Priorisierung der Kontaktnachverfolgung und appelliert an die Selbstverantwortung der Menschen beim Einhalten der Quarantäneregeln. «Sobald man einen positiven Test hat, muss man zuhause bleiben.» Dafür brauche es meist nicht erst den Bescheid eines Gesundheitsamtes.

Aus Sicht des Gesundheitsministers Karl Lauterbach (SPD) kommt zur Dämpfung der Omikron-Welle der Corona-Warn-App besondere Bedeutung zu. Lauterbach äußerte sich zur Frage, ob die Corona-Warn-App noch praktikabel ist, wenn sich die roten Warnmeldungen häufen. «Die Corona-Warn-App tut jetzt ihren Dienst», sagte der Minister. Dies gelte auch, wenn sie wegen Omikron oft anschlage. «Wenn hier ein Test veranlasst wird, ein Antigentest, oder man macht ihn zumindest selbst, dann kann man damit das Pandemiegeschehen wesentlich entschleunigen», sagte er. «Gerade wenn es sehr viele Warnungen gibt, die dann zu Testungen führen, dann ist das ein ganz wichtiger Baustein zur Entschleunigung der galoppierenden Pandemie.»

Von Josefine Kaukemüller und Sascha Meyer, dpa