21. November 2024

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Omikron jetzt? Warum sich der eigene Schutz weiterhin lohnt

An der Wand eines Flurs in einem Gymnasium ist ein Hinweis auf die AHA-Regeln angebracht. Das Infektionsrisiko ist durch Omikron gerade extrem hoch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Nicolas Armer/dpa)

Warum soll ich noch immer versuchen, eine Infektion mit dem Coronavirus zu vermeiden? Das fragt sich manch einer. Die Antworten gibt es im Faktencheck.

Behauptung: Es ist unproblematisch, sich jetzt mit Corona anzustecken. Man kann sich eh kaum vor Omikron schützen, und wirklich gefährlich ist die neue Variante auch nicht.

Bewertung: So allgemein nicht haltbar

Fakten: Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert eindringlich, die Omikron-Variante ernst zu nehmen. Das Narrativ, dass Omikron eine normale Erkältung sei, sei nicht wahr, so die WHO-Corona-Expertin Maria Van Kerkhove. Denn «milder» kann, muss aber nicht heißen: Ein bisschen Schnupfen und Husten – das war’s.

Im klinischen Bereich bezeichne man bei Covid-19 in der Regel Verläufe als mild, bei denen die Betroffenen nicht unter Atemnot litten und deren Sauerstoffsättigung über einem bestimmten Wert liege, erklärt der Leiter der Virologie der Uniklinik Köln, Florian Klein. «Sie können ganz schön krank werden», beschreibt Infektiologin Jana Schroeder von der Stiftung Mathias-Spital in Rheine milde Corona-Verläufe.

Zwar gilt das Risiko eines (relativ) jungen, gesunden, geboosterten Menschen für einen schweren Verlauf als sehr gering. Ausgeschlossen ist dieser aber nicht, und es gibt weitere gute Gründe, sich vor einer Ansteckung zu schützen.

Erstens: Es besteht unter Fachleuten Unsicherheit bei der Einschätzung von Langzeitfolgen des Virus. Sie empfinde viel Demut vor dem, was man noch nicht wisse, so Infektiologin Schroeder. Die Datenlage sei undurchsichtig, insbesondere für Omikron. Long Covid? Unfassbar schwer einzuschätzen. «Wenn wir es jetzt einfach laufen ließen, gingen wir als Gesellschaft wie beim Pokern all in.» Das könne irgendwie funktionieren. «Doch da ist dieser Elefant im Raum: die Covid-Folgeschäden.»

Zweitens: Die eigene Infektion mag glimpflich verlaufen, doch in der Summe kann eine Explosion der Infektionszahlen das Gesundheitssystem und andere Bereiche der kritischen Infrastruktur massiv belasten. Corona im Griff zu haben bedeute auch, Patientinnen und Patienten mit anderen Erkrankungen adäquat betreuen zu können, sagt Schroeder. «Bei sehr hohen Fallzahlen sind viele Menschen gleichzeitig krank. Darunter natürlich auch Personen, die zur kritischen Infrastruktur gehören», ergänzt Klein. Kliniken oder auch Betriebe der Energie- und Wasserwirtschaft können dadurch in Schwierigkeiten kommen.

Drittens: Schützt man sich selbst vor einer Infektion, hilft das indirekt auch Menschen, die sich (bislang) nicht selbst ausreichend durch eine Impfung schützen können. Virologe Klein nennt hier zuvorderst Kinder und Menschen, deren Immunabwehr unterdrückt ist. Aber auch Ältere, die bislang noch ungeimpft sind.

Viele von uns werden sich in nächster Zeit mit Omikron infizieren. «Die Wahrscheinlichkeit, sich anzustecken, ist gestiegen», sagt Klein. Allerdings wirken die bekannten Maßnahmen – beispielsweise Kontakte reduzieren und in Räumen FFP2-Maske tragen – auch gegen Omikron. So sei es sehr wahrscheinlich, dass die bisher geringere Dynamik der Omikron-Welle in Deutschland im Vergleich mit etwa Großbritannien oder Dänemark auch auf eben diese Maßnahmen hierzulande zurückzuführen sei.

Das grundsätzliche Ziel ist eine breite Grundimmunität der Bevölkerung gegen das Virus, um aus der pandemischen Situation herauszukommen. «Die Impfung ist dafür das wichtigste Instrument. Es ist ein großes Glück, dass wir sie haben», betont Klein. Infektionen könne man derzeit nicht komplett vermeiden, so der Virologe. Aber es gelte Zeit zu gewinnen. Je flacher die Omikron-Welle bleibt, desto besser kommt beispielsweise das Gesundheitssystem damit klar. Zudem haben dadurch mehr Menschen Zeit, sich impfen und boostern zu lassen. Ein ungebremste Explosion der Fallzahlen hingegen kann zu einer schnellen Überlastung führen.

Von Alexandra Stober, dpa