Mit der Einschulung beginnt ein neuer Lebensabschnitt. Das ist ein Satz, den Kinder, die zur Schule kommen, ständig zu hören bekommen.
Während einige Knirpse denken «Endlich, jetzt gehöre ich zu den Großen», wird anderen ein bisschen mulmig. Wenn Erwachsene vom «Ernst des Lebens» sprechen, klingt das nach Schluss mit lustig. Das Wichtigste ist: Dem Kind Mut machen und Neugier an der Schule wecken.
Wie Eltern die Einschulung gut vorbereiten und beim Meistern der ersten Schulwochen unterstützen können, erklärt der ehemalige Schulpsychologe Klaus Seifried vom Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP).
Was ändert sich mit dem Schritt von der Kita ins Klassenzimmer?
Die gewohnte Umgebung zu verlassen, ist erst einmal ein Beziehungsabbruch. Es gelten von einem Tag auf den anderen andere Regeln. Das Kind muss nun häufig still sitzen, sich konzentrieren, lernen, sich an Klassenregeln zu halten, mit vielen fremden Kindern zurechtzukommen und lernen, nicht mehr im Mittelpunkt zu stehen, sondern sich zu melden, wenn es was sagen möchte.
Auch Eltern müssen umdenken. Hatten sie bislang eine enge Beziehung zu Kind und Kita, wird das mit der Schule anders: Sie müssen einen Teil der Verantwortung abgeben und ein Stück loslassen – auch wenn es schwer fällt. Sie sollten Vertrauen haben, dass das Kind wächst und selbstständiger wird. Ein sechsjähriges Kind kann mehr Verantwortung übernehmen als ein dreijähriges.
Eltern sollten sich im Gespräch mit der Erzieherin der Kita vor der Einschulung über den Entwicklungsstand ihres Kind informieren: Konzentrationsfähigkeit, Sozialverhalten mit anderen Kindern, besondere Fähigkeiten und Interessen.
Wenn das Kind besondere Schwierigkeiten hat, sollte man das keinesfalls bei der Anmeldung verheimlichen, sondern mit der Schulleitung besprechen. Wichtig ist, dass die Eltern die Stärken ihres Kindes kennen und die Schwächen akzeptieren.
Eltern, die selbst Angst vor Neuem haben, sollten ihre Ängste nicht auf das Kind übertragen. Stattdessen sollten sie beim Kind Neugier erzeugen und Mut machen, etwa indem man aufzählt, was es alles schon kann.
Wie erzeuge ich Neugier?
Wenn mitgeteilt wird, was das Kind am ersten Schultag alles braucht, sollten Eltern das nicht einfach besorgen, sondern die Liste gemeinsam mit dem Kind abarbeiten – so übernimmt es von Anfang an Verantwortung. Das gilt auch für das Packen der Schultasche. Und bitte, lassen Sie das Kind den Ranzen selbst tragen. Ist er zu schwer, muss was raus.
Sollten sich Eltern die ersten Tage nach der Schuleinführung mehr Zeit nehmen?
Unbedingt! Da ist es mit der Feier am ersten Schultag nicht getan. Man sollte sich Zeit nehmen, damit die Erstklässler von ihren Erfahrungen erzählen können. Kleine Kinder haben das Bedürfnis darüber zu sprechen. Man kann auch vorsichtig Fragen stellen: Was kannst du gut? Wen magst du? Was habt ihr gemacht? Was war leicht, was schwer?
Es werden an der Schule am Anfang auch Hierarchien ausgetestet, Konflikte zwischen den Mitschülern ausgetragen. Auch darüber sollte man reden. Schließlich gibt es nette Kinder und andere. Auch damit müssen Kinder lernen umzugehen. Da renne ich als Elternteil nicht auf den Schulhof und stelle einen Störenfried zur Rede. Wenn Kinder Konflikte mit anderen haben, sollten sie lernen, sich an die Lehrkräfte zu wenden.
Viele neue Kontakte, zu lernende Namen und Lehrkräfte als Autoritätsperson – das ist anfangs stressig. Daher brauchen Kinder mehr Erholungsphasen. Wichtig ist es, früh schlafen zu gehen. Allerdings nicht, bevor der kommende Schultag vorbereitet ist: Schon am Abend vorher heißt es Tasche packen. Eventuell muss die alte Stulle raus und das zerknitterte Arbeitsblatt noch eingeheftet werden. Das übernehmen aber nicht die Eltern – sie sind nur dabei.
Auch morgens sollte viel Zeit eingeplant werden. Ganz häufig kommen Schüler auf den letzten Drücker gestresst in der Klasse an – schlimmstenfalls ohne gefrühstückt zu haben oder ohne Pausenbrot. Das Frühstück ist wichtig für die Konzentrationsfähigkeit und die Aufmerksamkeitsspanne.
Die Tagesplanung nach der Schule sollte mit dem Kind besprochen werden. Manche Kinder legen lieber erst eine Pause ein, andere machen sofort Hausaufgaben. Das hat den Vorteil, dass man sich besser erinnern kann.
Zur Person: Klaus Seifried ist Diplom-Psychologe und Lehrer. Er gehört dem Vorstand der Sektion Schulpsychologie des Berufsverbandes Deutscher Psychologinnen und Psychologen (BDP) an.
Mehr Nachrichten
Stress im Schulalltag: Wie kann ich meinem Kind helfen?
Kinderhochstühle im Test: Nur drei Modelle sind «gut»
Kinderhochstühle im Test: Nur drei Modelle sind «gut»