Eigentlich ist die Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ganz einfach: Fünf Portionen Gemüse und Obst sollen wir jeden Tag verspeisen – dreimal Gemüse, zweimal Obst. Dabei ist eine Portion die Menge, die in unsere Handfläche passt.
Was für einige Menschen ein Kinderspiel zu sein scheint, ist für andere eine Herausforderung. Wie bekommt man mehr Grünzeug in sich selbst rein – und vor allem: in das Kind?
Tipp 1 – Routinen entwickeln
Routinen sind ein guter Weg, mehr Vitamine auf den Tisch und in die Bäuche zu bekommen, findet Silke Restemeyer von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). «Irgendwann gehört Gemüse und Obst dann ganz selbstverständlich zu jeder Mahlzeit dazu», sagt die Ökotrophologin.
Konkret kann das bedeuten: Ins Müsli am Morgen kommt Obst, zur herzhaften Stulle gibt es Gurkenscheiben. Ein Teller mit Rohkost taugt sowohl als Vorspeise, um den ersten Hunger zu stillen als auch als Snack zwischendurch. Zur warmen Mahlzeit gehört immer eine Portion Gemüse, Salat oder auch beides. Und zum Nachtisch gibt es ein Stück Obst.
Tipp 2 – Gemüseanteil hochschrauben
«In viele Gerichte kann man auch zusätzliches Gemüse geben» sagt Silke Restemeyer. In kleine Stückchen geschnitten oder geraspelt kommt es in Frikadellen. Oder zusätzlich zur Kartoffel in den Reibekuchen.
Nudelsoßen kann man einfach mit mehr Gemüse zubereiten – und außerdem die Pasta um Gemüsenudeln ergänzen. Schon länger im Trend sind sogenannte «Zoodles», also Nudeln aus Zucchini, die sich einfach mit einem Spiralschneider herstellen lassen. Aber auch andere Gemüsesorten wie beispielsweise Kohlrabi oder Möhren können in Nudelform gebracht werden.
Eine andere Option sind Nudeln aus Hülsenfrüchten. Denn Linsen, Erbsen und Bohnen können – anders als Kartoffeln – ebenfalls zu den fünf Portionen gezählt werden. Deshalb empfiehlt Silke Restemeyer, Nudelsoßen statt mit Fleisch oder Fisch als Eiweißquelle auch einmal mit Linsen zu kochen.
Tipp 3 – Vorlieben beachten – und dennoch Verschmähtes anbieten
Doch wenn der Teller mit Rohkost weggeschoben und Gemüsestücke aus Soßen aussortiert werden, scheint alles Schnippeln vergebliche Mühe zu sein.
Gerade im Vorschulalter gibt es Phasen, in denen manche Kinder sehr eingeschränkt essen. «Das ist gar nicht außergewöhnlich», sagt Mathilde Kersting, Professorin für Ernährungswissenschaften und Leiterin des Forschungsdepartment Kinderernährung (FKE) der Universitätskinderklinik Bochum.
Eltern sollten dabei gelassen bleiben. «In diesen Phasen kann man einfach häufiger das Gemüse zubereiten, das die Kinder gerne essen», sagt Kersting.
Außerdem könnten Eltern auch eine größere Vielfalt an Obst anbieten. Zwar empfiehlt die Ernährungswissenschaft, mehr Gemüse als Obst zu essen. «Aber das ist vor allem eine Orientierung und muss nicht jeden Tag exakt so eingehalten werden», sagt Kersting.
Trotzdem empfiehlt die Ernährungswissenschaftlerin den Eltern, verschmähtes Gemüse beim gemeinsamen Familienessen wie gewohnt auf den Tisch zu stellen: «Wer Kindern Gemüse schmackhaft machen möchte, sollte es ihnen wiederholt anbieten, in ungezwungener Atmosphäre und ohne Drängen. Und sie loben, wenn sie etwas probieren oder sogar ein neues Gemüse in ihr Repertoire aufnehmen.»
Tipp 4 – Ein Vorbild für Kinder sein
Eltern haben eine wichtige Vorbildfunktion für ihre Kinder. «Ernährungsgewohnheiten werden schon früh geprägt», sagt Silke Restemeyer. Wer als Kind erlebt, dass Gemüse und Obst selbstverständlich zu jeder Mahlzeit gegessen wird, dem fällt es auch im Erwachsenenalter leichter, diese Ernährungsempfehlungen umzusetzen.
Und die gibt es aus gutem Grund: Gemüse und Obst sind reich an Vitaminen, Mineral- und Ballaststoffen sowie weiteren gesundheitsförderlichen Inhaltsstoffen. Menschen, die reichlich davon essen, haben beispielsweise seltener Bluthochdruck und bekommen seltener Herzkrankheiten.
Weil die meisten Sorten kalorienarm sind und trotzdem sättigen, kann vor allem Gemüse Übergewicht vorbeugen. «Außerdem liefert Gemüse viele verschiedene Geschmacksqualitäten – das steigert den Genuss beim Essen», sagt Mathilde Kersting.
Tipp 5 – Verstecken darf auch sein – aber nicht immer
Was aber, wenn all die guten Tipps nicht helfen und Kinder grundsätzlich Gemüse verweigern – weit über eine Phase hinaus? Auch bei echten Gemüsemuffeln, häufig auch «Picky Eater» genannt, raten die Ernährungsexpertinnen zur Gelassenheit. Resignieren sollten Eltern aber nicht und den Kindern vor allem nicht immer eine Alternative zubereiten.
«Stattdessen kann es helfen, die Kinder einzubeziehen – beim Einkaufen selbst aussuchen zu lassen, oder beim Pizzabelegen verschiedenes Gemüse anbieten, aus dem die Kinder wählen können», sagt Silke Restemeyer. Auch könnten die Eltern den Hunger vor einer Mahlzeit nutzen und schonmal eine Rohkostplatte anbieten. «Das mögen Kinder oft lieber als gekochtes Gemüse.»
Wenn auch das nicht hilft, sei eine letzte Möglichkeit, die Vitamine auch mal in den Gerichten zu verstecken, sagt Mathilde Kersting. Tomatensoße sei bei fast allen Kindern beliebt. Eine pürierte Zucchini, Möhre oder Zwiebel bleibt darin oft unbemerkt.
Auch ein Kartoffelstampf kann etwa mit Selleriepüree ergänzt werden. Und im Joghurt-Dip verschwindet eine fein geraspelte Gurke. In Kochbüchern und im Internet finden sich viele Rezepte für süße Kuchen mit Gemüse – vom Kürbis- oder Rote-Bete-Kuchen bis hin zu Zucchini-Brownies.
Trotzdem sagen beide Expertinnen, dass Gemüse niemals ausschließlich versteckt auf den Tisch kommen soll. Denn nur wenn Kinder es bewusst immer wieder angeboten bekommen und dann auch mal probieren, lernen sie, neue Gemüsesorten zu akzeptieren. Eine Regel, die übrigens auch für große Gemüsemuffel gilt. Denn auch Erwachsene können noch lernen, vielfältiger zu essen.
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