Für Eltern sind traurige Kinderaugen oft schwer zu ertragen. Insbesondere zum Fest der Liebe. Doch nicht immer können alle Wünsche des Nachwuchses in Erfüllung gehen. Gerade mit Blick auf stark gestiegene Lebenshaltungskosten können die Wunschzettel schon mal das Budget der Eltern sprengen. Da sind Enttäuschungen vorprogrammiert. Was also tun?
Noch im vergangenen Jahr waren jedenfalls einige Deutsche bereit, Schulden in der Weihnachtszeit aufzunehmen, wie eine repräsentative Umfrage des Kreditvermittlers Smava aus dem Jahr 2021 zeigt. Mindestens jeder vierte Befragte konnte sich vorstellen, zur Finanzierung von Weihnachtsgeschenken und Co. die Kreditkarte, Ratenzahlungen oder den Dispokredit zu nutzen.
Annabel Oelmann von der Verbraucherzentrale Bremen hält von der Finanzierung von Weihnachtsgeschenken grundsätzlich nichts: «Das kann man für eine Immobilie machen oder auch ein Auto, aber nicht für diese Art des Konsums.»
Und zwar aus zwei Gründen: Am Ende muss die Rechnung so oder so bezahlt werden. Nur: Dann ist meist auch nicht mehr Geld vorhanden als vorher. «Ich verschiebe die Ausgabe also nur, die Kohle ist dafür eigentlich nicht drin», sagt sie. Zudem würden bei vielen Menschen zum Anfang des Jahres gleich wieder wichtige Versicherungsrechnungen fällig, die nicht aufgeschoben werden können.
Offen mit der finanziellen Situation umgehen
Unabhängig davon bergen die verschiedenen Finanzierungsmöglichkeiten unterschiedliche Risiken: Bei der Nutzung des Dispokredits fallen in der Regel relativ hohe Zinsen an, das Abzahlen von Ratenkrediten kann lange dauern. Bei Null-Prozent-Finanzierungen können die Kosten mitunter versteckt sein und wer häufig Buy-now-pay-later-Angebote in Anspruch nimmt, kann schon mal den Überblick verlieren.
Dabei ist es überhaupt nicht nötig, sich für Weihnachtsgeschenke zu verschulden. «Kinder sind gar nicht so materiell veranlagt, wie viele denken», sagt der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Dennis Bikki. Wichtig sei aber, dass Eltern ihren Kindern die Situation altersgerecht erklären. «Zum Beispiel ist es für Kinder nachvollziehbar, wenn Eltern vermitteln: ‚Wir müssen jetzt mehr Geld für die Heizung bezahlen, daher fallen die Weihnachtsgeschenke etwas kleiner aus.‘ Es ist wichtiger, dass uns allen warm ist», so Bikki.
Bleibt diese offene Kommunikation aus, könnten Kinder kleinere oder günstigere Geschenke als Strafe für eigenes Fehlverhalten interpretieren, sagt der Psychotherapeut.
Soziale Geschenke sind für Kinder wertvoller
«Geld ist nicht alles, was glücklich macht», sagt Annabel Oelmann. Der Wert eines Geschenks hänge vielmehr davon ab, wie viel Zeit und Liebe man in etwas hineinsteckt. Sie rät Eltern, kreativ zu sein, Geschenke selbst zu basteln oder herzustellen – vielleicht sogar mit den Kindern gemeinsam. Das können etwa selbst gebackene Kekse oder selbst hergestelltes Badesalz sein. «Das macht echt Spaß und jeder hat am Ende eine Kleinigkeit, die er jemandem schenken kann.»
Auch ein gemeinsamer Ausflug, eine selbst organisierte Stadtführung oder ein Familienprojekt, bei dem man gemeinsam etwas erschafft, könnten gute Alternativen sein – etwa ein Vogelhaus, das die Kinder selbst bemalen und im Garten oder auf dem Balkon aufstellen können, sagt Dennis Bikki. Denkbar sei auch ein großes Familientreffen mit verwandten Kindern und Freunden auf einem großen öffentlichen Spielplatz.
«Kinder mögen sehr gern soziale Geschenke», sagt der Psychotherapeut. Der emotionale Wert von einigen Dingen oder Unternehmungen übersteige oft den eigentlichen Wert, weil daran eine Geschichte hängt. Und nicht weil es teuer war oder gut aussieht.
Auch der Psychologe und Psychotherapeut André Ilcin erlebt in seiner Praxis, dass den Menschen soziale Geschenke viel eher in Erinnerung bleiben als Materielles. Das Geschenk für ein fünfjähriges Kind sei höchstens fünf Jahre später nicht mehr interessant. «Aber eine soziale Aktivität bleibt den Eltern und Kindern bis ins hohe Alter in Erinnerung.»
Eltern müssen keine Schuldgefühle haben
Eltern müssten darum mitnichten Schuldgefühle haben, wenn sie ihren Kindern nicht jeden Wunsch erfüllen können. Und schon gar nicht seien sie deswegen schlechte Eltern. Ilcins Rat an Mütter und Väter, die trotzdem mit sich hadern: den einen Bescherungstag im Jahr – oder mit dem Geburtstag auch zwei – in Relation zu den verbleibenden 364 beziehungsweise 363 Tagen zu setzen. Das sollte einem vergegenwärtigen, dass die eigene Leistung dadurch kaum geschmälert werden kann.
Wen das nicht tröstet, und wer seinen Kindern trotzdem unbedingt einen sehnlichen Wunsch erfüllen möchte, dem rät Annabel Oelmann, Preise zu vergleichen, vielleicht auch einen Gebrauchtkauf in Erwägung zu ziehen. Womöglich können auch Oma und Opa oder Onkels und Tanten etwas zum Geschenk beisteuern.
Ebenso könnte man überlegen, den Kindern ein gemeinsames Geschenk zu machen, das sie sich teilen müssen, sagt Dennis Bikki. «So lernen sie gleich die nötige soziale Kompetenz, die sie für das Leben brauchen.»
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