3. Dezember 2024

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Ciao, Pille! Was Frauen rund ums Absetzen wissen müssen

Ciao, Pille! Was Frauen rund ums Absetzen wissen müssen

Der wohl schönste Grund, sich von der Pille zu verabschieden: ein Kinderwunsch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Monique Wüstenhagen/dpa-tmn)

Immer mehr Frauen stellen infrage, ob die Pille das richtige Verhütungsmittel für sie ist. In einer Umfrage der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) aus dem Jahr 2023 gaben 61 Prozent der rund 1.000 Befragten an, dass sie glaubten, Verhütung mit Hormonen habe negative Auswirkungen auf Körper und Seele. Im Jahr 2018 waren es nur 48 Prozent. 

Diese Entwicklung bemerkt auch die Gynäkologin Anneliese Schwenkhagen in ihrer Praxis. «Zu mir kommen zunehmend junge Frauen, die sich selbst davon überzeugt haben, die Pille sei ein Gift», sagt Expertin des Berufsverbands der Frauenärzte. Ebenso gebe es viele Frauen, die die Pille nach vielen Jahren plötzlich absetzen wollten. 

Was führt zu dieser Entscheidung? Und was sollten Frauen wissen, wenn sie – vielleicht sogar nach vielen Jahren hormoneller Verhütung – mit der Pille Schluss machen möchten? Ein Überblick: 

Warum hinterfragen so viele Frauen die Pille? 

«Frauen gucken heute kritischer auf den Nutzen der Pille», sagt Gynäkologin Anneliese Schwenkhagen. Ihr symbolischer Wert als Weg in die Freiheit für Frauen habe sich abgenutzt. Nun überwöge bei vielen die Angst, dass die Pille zu Stimmungsschwankungen, Depressionen, Übergewicht und sexueller Unlust führe.

So beobachtet es auch Judith Bildau. Sie ist Gynäkologin, Autorin und Influencerin. «Ich merke, dass Frauen sich zunehmend nicht mehr nur in der gynäkologischen Praxis beraten lassen, sondern viel auf Meinungen aus den sozialen Medien setzen – unabhängig davon, auf welchem wissenschaftlichen Fundament diese Ansichten fußen.» 

Komplett hormonfreie Verhütung habe sich zu einem Trend entwickelt, sagt sie. Hinzu komme, dass die Pille häufig von Ärztinnen und Ärzten eher wie ein Lifestyle-Produkt verschrieben werde. Dabei ist sie ein Medikament.

Apropos Nebenwirkungen: Macht die Pille per se dick und traurig? 

«Das hat bisher keine Studie eindeutig belegt», sagt Anneliese Schwenkhagen. Das gelte ebenso für sexuelle Unlust. 

Eine dänische Studie aus dem Jahr 2023 etwa weist auf einen Zusammenhang hin zwischen der Einnahme der Kombipille und dem Risiko, an Depressionen zu erkranken. Mehrere gynäkologische Fachgesellschaften aus Deutschland verweisen allerdings darauf, dass in der Studie relevante Daten zu den Lebensumständen, beispielsweise zu sozialer Sicherheit, Lebenszufriedenheit und Partnerschaftsproblemen, nicht erfasst wurden. Sie gelten als wichtige Einflussfaktoren für die Entwicklung von Depressionen. 

Doch wie jedes Medikament kann auch die Pille unerwünschte Nebenwirkungen haben, wobei sich jeder Körper anders verhält. Einen Überblick gibt die jeweilige Packungsbeilage des Präparates. Dort ist festgehalten, von welchen Nebenwirkungen wie viele Anwenderinnen bereits berichtet haben. 

Viele Frauen profitieren aber auch gesundheitlich von der Pille: «Sie kann gegen viele schwere Erkrankungen und Beschwerden helfen – zum Beispiel gegen zyklusbedingte Migräne, Endometriose, starke Menstruationsschmerzen oder Zyklusstörungen», so Schwenkhagen. Wer vorhabe, die Pille abzusetzen, müsse sich im Klaren sein, dass all diese Probleme wieder zurückkämen. Dennoch gebe es natürlich gute Gründe, um auf die Pille zu verzichten, etwa ein Kinderwunsch. 

Wenn ich die Pille absetzen möchte: Kann ich das einfach so tun? 

Wenn – etwa mit Blick auf einen Kinderwunsch – Vorfreude und Ungeduld groß sind, lassen Frauen die Pille vielleicht einfach zu Hause in der Schublade liegen. «Bei völlig gesunden Frauen spricht nichts dagegen, die Pille selbstständig abzusetzen», sagt Ärztin Judith Bildau. 

Sie rät dazu, den angefangenen Blister zu Ende zu nehmen und dann auf die Einnahme zu verzichten. Generell gäbe es aber keinen falschen Zeitpunkt zum Absetzen der Pille. Selbst ein Abbruch mitten im Zyklus könne keinen Schaden anrichten.

Wurde die Pille hingegen verschrieben, um Beschwerden – etwa die einer Endometriose – zu lindern, sollten Patientinnen unbedingt vor dem Absetzen gynäkologischen Rat einholen.

Und für Frauen ohne Kinderwunsch, die sich gegen die Pille entscheiden, gilt: «Hier sollte natürlich im Fokus stehen, eine neue und passende Verhütungsmethode zu finden», so Anneliese Schwenkhagen. Welche das sein könnte? Das sollte man sich unbedingt vor dem Absetzen der Pille überlegen und die eigene Wahl auf Herz und Nieren prüfen.

Welche Symptome muss ich beim Absetzen befürchten? 

Pauschale Antworten gäbe es nicht darauf, sagt Schwenkhagen. Jeder Körper reagiert anders: Manche merken das Absetzen kaum, andere stärker. 

«Es kann beispielsweise passieren, dass durch die Hormonumstellung die Haut schlechter wird oder die Haare dünner.» Das liege dann aber nicht am Absetzen der Pille, sondern eher daran, dass die Frauen damit schon vor der Einnahme Probleme hatten und diese sich nun wieder zeigten. Einige Frauen bemerkten auch vorübergehende Kopfschmerzen oder Stimmungsschwankungen, so Judith Bildau.

Wie lange muss ich bis zur ersten Menstruation warten? 

Manch eine Frau hat Sorge, dass die Periode erst Monate nach dem Absetzen der Pille zurückkehrt. Was da dran ist? «Nicht viel», kann Anneliese Schwenkhagen beruhigen. In der Regel stelle sich der natürliche Zyklus schnell wieder ein. 

«Frauen, die die Pille abgesetzt und nach drei Monaten noch keine Menstruation haben, sollten sich in einer gynäkologischen Praxis vorstellen», rät sie. Das gilt vor allem bei einem Kinderwunsch. Hier sollte man nicht unnötig Zeit mit Warten verschwenden, sondern medizinisch abklären lassen, weshalb die Menstruation ausbleibt. Häufig liegen Schwenkhagen zufolge Ursachen zugrunde, die nichts mit der Pille zu tun haben. 

Was muss ich beachten, wenn ich wieder zur Pille zurückkehren möchte? 

Ärztin Judith Bildau rät stark davon ab, die Pille nach dem Absetzen einfach selbstständig wieder einzunehmen. Ein Grund dafür: «Es ist so, dass zu Beginn der Einnahme, aber auch bei der Wiedereinnahme, das Risiko für Thrombosen am höchsten ist. Eine Rücksprache kann deshalb sinnvoll sein», sagt die Medizinerin.

Von Sandra Arens, dpa