Der rechte Arm zittert. Der Oberkörper ist leicht vorgebeugt. Die Schritte werden immer kleiner, der Schlaf unruhiger. Erwin Zimmermann aus Ostfriesland ist einer von rund 400.000 Menschen in Deutschland, die an der Parkinson-Krankheit leiden.
Heilbar ist diese chronisch fortschreitende Erkrankung des Nervensystems noch nicht. Aber der 78-jährige Zimmermann hat etwas entdeckt, das die Symptome spürbar lindert und verlangsamt: Er spielt regelmäßig Tischtennis. Organisiert von einem Verein mit dem Namen «PingPongParkinson», der seit fünf Jahren immer größer wird und Patienten überall in Deutschland in die Sporthallen holt.
Warum genau dieser Sport bei Parkinson hilft, erklärt die Physiotherapeutin, die Zimmermann jede Woche behandelt. «Tischtennis verbindet ziemlich viel von dem, was bei diesem Krankheitsbild problematisch ist: Er muss schnell reagieren. Er hat immer die Hand-Augen-Koordination. Er behält den Spaß an der Bewegung bei», sagt Meike Dirks der Deutschen Presse-Agentur.
Das schnelle Auf- und Rückschlagspiel beim Tischtennis ist eine besondere Herausforderung für das Gehirn. Deshalb hilft dieser Sport auch besonders bei einer Erkrankung, die Nervenzellen im Gehirn absterben lässt und verschiedene Bewegungsstörungen zur Folge haben kann.
«PingPongParkinson» vernetzt Vereine
Erste wissenschaftliche Studien aus Japan und Schweden belegen dies. Und der 2020 gegründete «PingPongParkinson Deutschland e.V.» (PPP) macht sich diese Erkenntnisse zunutze. Er ist Teil eines 2017 in den USA entstandenen Netzwerks. In Deutschland ging die Initiative von zwei Tischtennisspielern aus dem niedersächsischen Nordhorn aus, die ebenfalls an der Krankheit leiden.
Durch PPP fanden überall in Deutschland Parkinson-Gruppen in bereits bestehenden Sportvereinen und Tischtennis-Abteilungen zusammen. Sie werden durch «PingPongParkinson» miteinander vernetzt, beraten und mit neuen Erkenntnissen versorgt.
Der Verein organisiert auch Turniere und kann dabei auf prominente Hilfe zählen: Der frühere Doppel-Weltmeister und heutige Bundestrainer Jörg Roßkopf ist Botschafter von PPP. Der große Tischtennis-Fan und frühere Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach unterstützte 2022 ein Benefizturnier im Deutschen Bundestag.
Mehr als 300 Stützpunkte in Deutschland
«Wir sind einer von aktuell 315 Stützpunkten in Deutschland. 3.000 Mitglieder hat PingPongParkinson bereits», sagt Sven Hinrichs. Der Tischtennis-Abteilungsleiter des SV Warsingsfehn bei Leer gründete auch in seinem Verein eine Parkinson-Gruppe. Dort spielt auch Erwin Zimmermann jede Woche mit.
«Als wir angefangen haben, waren wir drei, vier Personen. Jetzt sind wir 50!», sagt er. Und Hinrichs erzählt: «Mein Schwiegervater hat vor viereinhalb Jahren die Diagnose Parkinson gekriegt. Ich habe mich schlau gemacht. Da haben wir das Projekt hier gestartet mit meinem Schwiegervater und seiner Nachbarin, die auch erkrankt ist. Das waren zwei, die noch nie aktiv Tischtennis gespielt hatten. Höchstens früher, als sie klein waren, beim Kindergeburtstag. Die ersten zehn Minuten war ich noch skeptisch. Danach ging es ganz schnell.»
Was alle betonen, der Betroffene Zimmermann, der Organisator Hinrichs und ein Experte wie der promovierte Mediziner Lauterbach: Es geht beim Tischtennisspielen mit Parkinson nicht nur um den medizinischen Effekt. Sondern auch um den sozialen. «Wichtig ist: Die menschliche Umgebung und die vielen Gespräche, die man führen kann. Dass man sich nicht zurückzieht», sagt Zimmermann.
Auch der SPD-Politiker Lauterbach meint: «Menschen, die mit einer schweren Krankheit ringen müssen, sind oft einsam und ziehen sich noch mehr zurück. Tischtennis ist eine Gelegenheit, auf andere zu treffen, die das gleiche Schicksal haben.»
Roßkopf sofort «Feuer und Flamme»
Beim Benefizturnier im Bundestag spielten der damalige Minister Lauterbach und der Bundestrainer Roßkopf zusammen Doppel. «Ich war da direkt Feuer und Flamme», sagt der 56-jährige Roßkopf über seine Botschafter-Rolle. Seit fünf Jahren macht er Werbung für den Verein, besucht Turniere, gibt Tipps.
«Die Entwicklung ist rasant», sagt er. «Extrem viele Stützpunkte werden neu aufgebaut. Die Leute, die sich damit beschäftigen, machen das extrem gut. Es ist wichtig, dass man Parkinson-Patienten die Möglichkeit gibt, Sport zu treiben, wieder Lebensfreude zu bekommen und noch viele glückliche Jahre zu haben.»
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