24. November 2024

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Dürfen zwei Mütter in der Geburtsurkunde stehen?

Gesa Teichert-Akkermann (l) und Verena Akkermann mit ihrer kleinen Tochter Paula. Familie Akkermann will eine Gleichstellung mit heterosexuellen Paaren bei der Elternschaft erreichen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Julian Stratenschulte/dpa)

In ihrem Kampf für die rechtliche Gleichstellung queerer Familien haben zwei verheiratete Frauen aus dem Landkreis Hildesheim ein Etappenziel erreicht. Das Oberlandesgericht (OlG) Celle verwies am Mittwoch (24. März) ihren Fall an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, weil die Richter die aktuellen Regelungen im Abstammungsrecht zur Elternschaft für verfassungswidrig halten.

Sie sollten eigentlich entscheiden, ob die einjährige Paula rechtlich zwei Mütter hat und ob diese in die Geburtsurkunde einzutragen sind (Az. 21 UF 146/20). Dieses Verfahren wurde ausgesetzt, weil im Bürgerlichen Gesetzbuch nur von Mutterschaft und Vaterschaft die Rede ist. Dies müsse neu geregelt werden.

Gesa Teichert-Akkermann (45) hatte das Mädchen im Februar 2020 nach einer anonymen Keimzellenspende zur Welt gebracht. Ihre langjährige Partnerin Verena Akkermann (48) könnte nach derzeitiger Rechtslage nur über eine oft langwierige Stiefkindadoption als Mutter anerkannt werden. Nach Überzeugung des Gerichts verletzt dieses Verfahren aber ihr verfassungsrechtlich geschütztes Elternrecht sowie das Grundrecht des betroffenen Kindes. «Ich bin Paulas Mama, seit sie auf der Welt ist», sagte die 48-Jährige nach der Entscheidung. «Ich bin froh, dass das Gericht heute bestätigt hat, dass es unsere Grundrechte verletzt, dass ich nicht in ihrer Geburtsurkunde stehe.»

Nach Angaben der Gesellschaft für Freiheitsrechte wachsen bundesweit etwa 14.000 Kinder mit nicht-heterosexuellen Eltern auf. Schon einige Paare sind gegen die Diskriminierung vor Gericht gezogen, betroffen sind auch Eltern ohne Geschlechts-Eintrag oder mit einem Divers-Eintrag. Nach Angaben des OLG-Sprechers handelt es sich bei dem Fall der Akkermanns um die erste konkrete Normenkontrolle zu nicht-heterosexuellen Eltern in Karlsruhe.

Der zuständige Senat in Celle erläuterte, dass der Gesetzgeber dazu verpflichtet sei, die Elternstellung für solche «Mit-Eltern» gesetzlich zu begründen und näher auszugestalten. Vergleichbare Fragen stellten sich auch im Fall einer gleichgeschlechtlichen Ehe von zwei Männern, welche aber im vorliegenden Verfahren nicht zu bewerten seien, erklärten die OLG-Richter.

Das Bundesjustizministerium arbeitet schon länger an einer Reform des Abstammungs-, Kindschafts- und Unterhaltsrecht. Für eine Teilreform, die unter anderem die Mit-Mutterschaft kraft Ehe und kraft Anerkennung vorsieht, gibt es seit 2020 einen Gesetzentwurf. Über den Inhalt bestehen laut einem Ministeriumssprecher innerhalb der Bundesregierung unterschiedliche Auffassungen – deshalb dauerten die Gespräche noch an.

Das Land Berlin will an diesem Freitag einen Antrag zur Reform des Abstammungsrechts in den Bundesrat einbringen. Dabei sollen bei lesbischen Ehepaaren die biologische Mutter und deren Ehefrau rechtlich als Mütter gelten. Analog dazu gilt in heterosexuellen Beziehungen der Ehemann automatisch als Vater eines Kindes, auch wenn das Baby zum Beispiel mit Hilfe einer Samenspende gezeugt wurde.

«Natürlich hätten wir uns gewünscht, dass Verena ab heute auch ganz offiziell die zweite Mama von Paula ist», sagte Gesa Teichert-Akkermann nach der Entscheidung. «Aber wir sind auch stolz, dass wir die Diskriminierung von Regenbogenfamilien nach Karlsruhe gebracht haben.» Ein Grundsatzurteil könne alle betroffenen Familien endlich rechtlich absichern.

Derzeit gilt die leibliche Mutter von Paula als alleinerziehend, obwohl sie seit 24 Jahren mit ihrer Partnerin zusammen ist und sie sich gemeinsam für ein Kind entschieden haben. Paula hat derzeit keine Unterhalts-, Versorgungs- und Erbansprüche in Bezug auf ihre zweite Mutter. Für den Kampf um Gleichberechtigung nehmen die Akkermanns rechtliche Unsicherheit in Kauf. Ihre genetische Herkunft soll der Tochter übrigens nicht vorenthalten bleiben. Die Angaben zu den zunächst anonymen Spendern sind bei einem Notar hinterlegt.

Von Christina Sticht, dpa