22. November 2024

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Die Nacht «umarmen»: Was gegen Angst im Dunkeln hilft

Schlaflos aus Furcht: Eine übersteigerte Angst vor Dunkelheit kann viele Ursachen haben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Martin Moxter/Westend61/dpa-tmn)

Licht aus, denn zum Schlafen braucht es Dunkelheit. Doch statt in Ruhe versetzt das einige Kinder in helle Aufregung – sie fürchten sich im Dunkeln. Manchen Erwachsenen geht es ähnlich. Doch was steckt dahinter und was kann man tun?

Zunächst einmal ist eine diffuse Angst im Dunkeln eigentlich völlig normal. Schließlich ist es verunsicherend, wenn man Dinge nur noch undeutlich oder gar nicht mehr sieht.

«Insofern ist es ein erblich bedingter Reflex, dann möglicherweise Angst zu entwickeln», sagt Psychiaterin Katharina Domschke. Die Professorin ist Ärztliche Direktorin der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am Universitätsklinikum Freiburg.

Das Problem ist: Nicht immer bleibt es bei einem vorübergehenden Gefühl der Unbehaglichkeit. Bei manch einem tritt eine übersteigerte Angst auf. Diese kann unterschiedliche Ursachen haben.

Schlimme Erfahrungen

In Extremfällen haben Betroffene schlimme Erfahrungen im Dunkeln gemacht. «Zum Beispiel Missbrauch oder Gewalt», sagt Prof. Stephan Bender, Direktor der Klinik und Poliklinik für Psychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters am Universitätsklinikum Köln.

Manchmal hat die Angst vor Dunkelheit einen eher harmlosen Auslöser. Etwa einen Film, in dem Horrorszenen im Düsteren gezeigt werden. Ein weiterer Erklärungsansatz: Kinder oder Erwachsene haben Angst vor Dunkelheit, weil es ihre Eltern auch haben.

Kontrollverlust durch Schlaf

In manchen Fällen geht die Angst so weit, dass Betroffene die ganze Nacht lang das Licht brennen lassen. «Dahinter kann die Angst vor dem Schlaf stecken, weil man im Schlaf die Kontrolle über das Geschehen um einen herum verliert», sagt Stephan Bender.

Oder das Licht bleibt brennen, weil Betroffene Angst vor bösen Träumen haben: Wer aus einem solchen Traum aufwacht, will sich schnell in der Realität zurechtfinden.

Betroffene müssen sich mit einer übersteigerten Angst vor Dunkelheit nicht abfinden. Oft können sie sich selbst helfen. Beispielsweise mit autogenem Training oder anderen Entspannungsübungen.

Ein anderer Ansatz: «Man umarmt im wahrsten Sinne des Wortes die Dunkelheit und versucht, sich mit ihr anzufreunden», sagt Kathrin Domschke. Wie das geht? «Man tritt bei Dunkelheit etwa auf den Balkon, sammelt sich und versucht, dem Düsteren etwas Positives abzugewinnen.» Vielleicht, dass man als angenehm empfundene Geräusche wahrnimmt wie das Rauschen der Blätter. Oder man beobachtet die Sternenvielfalt am Nachthimmel und freut sich daran.

In kleinen Schritten

Stephan Bender rät aber: «Nichts überstürzen, sich langsam herantasten und sich Erfolge bewusst machen.».

Ein Beispiel dafür: Man öffnet die Tür zum Flur und schaltet dort das Licht an. Im ersten Stadium der Selbsthilfe ist die Tür weit auf, im zweiten ist sie halbgeöffnet, später nur angelehnt, irgendwann zu – man sieht das Licht nur noch unten durch den Türspalt. Bald darauf kommt der Zeitpunkt, an dem das Licht ganz ausbleibt.

Wer möchte, kann sich die Erfolge in einem Tagebuch notieren, damit man sie bei Bedarf jederzeit nachlesen und sich ins Bewusstsein rufen kann, dass es geht: Die Dunkelheit aushalten. Eine weitere Option: Über Kopfhörer von Fachleuten konzipierte CDs zur Bewältigung von Ängsten hören – etwa vor dem Schlafengehen. Das entspannt.

Manchmal stößt die Selbsttherapie aber an Grenzen. Bei einer ausgeprägten Angst vor Dunkelheit führt oftmals kein Weg an einer Therapie vorbei. «Das ist der Fall, wenn der Leidensdruck hoch und der Nachtschlaf derart schlecht ist, dass die Lebensqualität stark beeinträchtigt ist», sagt Stephan Bender. Dann sollte man einen Psychologen, eine Psychotherapeutin oder einen Psychiater konsultieren.

Von Sabine Meuter, dpa