Mal angenommen, ein Ehepaar lässt sich scheiden und der gemeinsame siebenjährige Sohn zieht zur Mutter. Die Frau heiratet erneut. Mit dem zweiten Ehemann seiner Mutter versteht sich der Junge prächtig, zum leiblichen Vater hat er wenig Kontakt.
Mit der Zeit wächst der Wunsch beim Ehemann der Mutter, den Siebenjährigen zu adoptieren. Was ist dabei alles zu bedenken?
«Das ist möglich, wenn der leibliche Vater darin einwilligt», sagt Eva Becker, Fachanwältin für Familienrecht in Berlin. Ein Fall wie der beschriebene ist keine Seltenheit. Bei knapp zwei Drittel der in Deutschland adoptierten Kinder handelt es sich um sogenannte Stiefkindadoptionen. Laut Statistischem Bundesamt war das im Jahr 2020 bei 65 Prozent der insgesamt 3800 adoptierten Kinder der Fall.
Wenn sich der leibliche Elternteil querstellt
Schwierig wird es, wenn der leibliche Vater oder gegebenenfalls die leibliche Mutter die Zustimmung zur Adoption verweigert. «Dann muss sich das zuständige Familiengericht mit dem Fall befassen», erklärt Martin Thelen von der Bundesnotarkammer in Berlin.
Damit sich das Gericht über das Nein des leiblichen Elternteils zur Adoption hinwegsetzt, muss geklärt sein, dass es ihm offenbar gleichgültig ist oder er Pflichten gegenüber dem Kind gröblich verletzt hat – etwa keinen Unterhalt zahlt und das Kind in Not gerät.
Generell gilt: Ist das Kind älter als 14 Jahre, muss es ebenfalls in eine mögliche Adoption einwilligen. Vor dem 14. Geburtstag ist dafür der gesetzliche Vertreter des Jungen oder des Mädchens zuständig.
Keine Erwachsenenadoption, wenn es nur ums Geld geht
Daneben kommt es immer wieder vor, dass Erwachsene sich adoptieren lassen. Zwar ist dann ein Ja der leiblichen Eltern nicht mehr nötig. Aber: Eine Erwachsenenadoption muss «sittlich gerechtfertigt» sein. «Das bedeutet, die Adoption darf nicht ausschließlich aus steuerlichen oder anderen finanziellen Erwägungen erfolgen», sagt Becker. Vielmehr muss eine echte Eltern-Kind-Beziehung bestehen: Man feiert etwa gemeinsam Feste oder fährt zusammen in den Urlaub.
Hat das Gericht Zweifel daran, ob eine solche Eltern-Kind-Beziehung besteht, kann es alle Beteiligten zu einer Anhörung laden, sie befragen und dabei ausloten, ob das Erzählte stimmig ist.
Wie sich schwache und starke Adoption unterscheidet
Bei Erwachsenenadoptionen gibt es zum einen die sogenannte schwache Adoption. «Bei dieser Variante besteht das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern fort», erläutert Thelen. Das bedeutet, dass der Adoptierte bis zu viermal Erbschafts- und Pflichtteilsansprüche geltend machen kann, aber auch Unterhaltsverpflichtungen hat – sowohl gegenüber den leiblichen als auch gegenüber den Adoptiveltern.
Daneben gibt es die sogenannte starke Adoption, bei der das Verwandtschaftsverhältnis zu den leiblichen Eltern einschließlich sämtlicher Verpflichtungen gekappt wird. Die Hürden dafür sind sehr hoch. «Ihr zustimmen wird das Gericht etwa dann, wenn der Erwachsene schon als Kind in der Familie gelebt hat, damals aber die leiblichen Eltern in der Adoption nicht einwilligten», so Thelen.
Denkbar sei eine starke Adoption auch, wenn die Familie minderjährige Geschwister des jetzt volljährigen Kindes schon adoptiert hat oder gleichzeitig adoptieren will. «Generell ist aber die Adoption eines Volljährigen eher die Ausnahme.»
Wie ist das Prozedere bei einer Adoption?
Wer ein Kind oder eine volljährige Person adoptieren will, stellt beim Familiengericht einen notariell beurkundeten Adoptionsantrag. Hinzu kommen von allen Beteiligten Einwilligungserklärungen – ebenfalls notariell beurkundet.
Ist der oder die Adoptionswillige verheiratet oder lebt er oder sie in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, muss auch die Gattin oder der Gatte beziehungsweise die Partnerin oder der Partner zustimmen. Außerdem sind dem Gericht Dokumente wie die Heiratsurkunde der Adoptiveltern und polizeiliche Führungszeugnisse vorzulegen.
Dauer und Kosten der Adoption vom Einzelfall abhängig
Die Verfahrensdauer ist unterschiedlich: Je nach Fall sei «von ein paar wenigen Wochen bis hin zu mehr als einem Jahr alles möglich», sagt Eva Becker.
Und die Kosten? «An Notargebühren fallen bei der Adoption eines oder einer Minderjährigen im Schnitt rund 90 Euro an», erklärt Thelen. Bei der Adoption einer volljährigen Person hängen die Notargebühren vom Vermögen des Annehmenden ab. Ist der oder die Annehmende zum Beispiel im Besitz von 200.000 Euro, belaufen sich die Notargebühren auf 250 Euro. Bei Erwachsenenadoptionen entstehen Gerichtskosten von mehreren Hundert Euro, die Adoption Minderjähriger ist gerichtskostenfrei.
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