Ein, zwei Teelöffel Apfelessig in ein Glas geben, mit Wasser verdünnen – fertig ist der Drink, der eine Abkürzung hin zum Wunschgewicht sein soll. Zumindest wenn man denjenigen glaubt, die diese tägliche Routine in den sozialen Medien teilen. Kann das wirklich klappen?
Daniela Krehl, Ernährungsexpertin bei der Verbraucherzentrale Bayern, blickt mit Skepsis auf den Trend: «Ausprobieren schadet zwar nicht. Große Hoffnungen sollte man sich aber nicht machen.» Dass einzelne Lebensmittel auf wundersame Weise die Kilos purzeln lassen – das gibt es nicht. Voraussetzung für einen Gewichtsverlust ist immer, dass der Körper weniger Energie aufnimmt als er verbraucht, so die Ernährungsexpertin. Das gelingt am besten mit der Kombination aus Bewegung und einer ausgewogenen Ernährung.
Studie lässt Fragen offen
Es gibt einen Anlass, warum der Apfelessig-Tipp derzeit durch die sozialen Medien wandert: eine Studie aus dem Libanon, die Mitte März veröffentlicht wurde.
Die Forscherinnen und Forscher haben dafür 120 junge Erwachsene mit Übergewicht in vier Gruppen eingeteilt. Drei Gruppen tranken jeden Morgen Apfelessig auf nüchternen Magen, jeweils 5, 10 oder 15 Milliliter, in Wasser verdünnt. Die vierte Gruppe bekam ein Placebo mit Milchsäure. Nach zwölf Wochen zeigte sich, dass die Gruppen, die Apfelessig eingenommen hatten, signifikant an Gewicht verloren hatten.
Für Daniela Krehl werfen die Studienergebnisse allerdings viele Fragen auf. «Man weiß nicht: War es der Apfelessig an sich oder bloß die Essigsäure, die zum Beispiel auch in Himbeer- oder Weinessig stecken würde? Hat die Säure einfach nur den Appetit gehemmt oder hat sie einen physiologischen Effekt im Körper gehabt? Dieser Wirkungsnachweis fehlt bei dieser Studie.»
Zudem sei die Teilnehmerzahl mit 120 eher gering. Und: Die Autoren der Studie schreiben selbst, dass aufgrund der Studiendauer von zwölf Wochen Langzeiteffekte nicht betrachtet werden konnten.
Nicht direkt danach die Zähne putzen
Wer selbst ausprobieren will, was Apfelessig mit dem Körper macht, kann das aber bedenkenlos tun, so Krehl. «Er enthält viele Mikronährstoffe, auch B-Vitamine, insbesondere Folsäure.» Man sollte aber im Hinterkopf behalten, dass Apfelessig ein verarbeitetes Produkt ist. «Der hat natürlich nicht mehr so viel Nährstoffe wie ein frischer Apfel.»
Eine Sache sollte man aber beachten: nach dem Trinken des Essigs nicht direkt die Zähne putzen. «Denn die Säure kann den Zahnschmelz angreifen», warnt Daniela Krehl. Wer eine halbe Stunde mit dem Zähneputzen wartet oder die Säure mit einem Mundwasser neutralisiert, ist aber auf der sicheren Seite.
Nahrungsergänzungsmittel mit Essigextrakt sind unnötig
Wenn man so einen sauren Drink nicht herunterbekommt – sind dann Nahrungsergänzungsmittel mit Apfelessigextrakt eine gute Alternative? Nein, findet Daniela Krehl. Und das nicht nur, weil die Pulver und Kapseln ein Vielfaches einer Flasche Apfelessig kosten.
Zu viele Fragen rund um die Wirkweise von Apfelessig sind noch offen. So sei Krehl zufolge unklar, ob die entscheidenden Inhaltsstoffe überhaupt noch im hoch verarbeiteten Pulver enthalten seien.
Um Apfelessig besser herunterzubekommen, hat sie noch einen Tipp: ihn als Switchel servieren. So heißt ein Getränk, für das man Apfelessig, Wasser, Ahornsirup, Ingwer und Zitrone mischt. So gesellt sich zur Säure noch etwas Süße und Schärfe – das dürfte vielen besser schmecken.
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