Das Leben läuft schon eine Weile. Die Partnerin oder der Partner ist aber vielleicht bereits gestorben oder frühere Beziehungen sind zerbrochen. Laut Statistischem Bundesamt lebt immerhin jede dritte Person über 65 Jahren ohne Partnerin oder Partner.
Doch was, wenn das nicht so bleiben soll? Wenn man sich auch im höheren Alter vorstellen kann, wieder einen Menschen in sein Leben zu lassen – und diesem sogar begegnet?
Im Alter ist das Anbandeln anders
Dann sollte man sich vor allem mit seinen Erwartungen auseinandersetzen. Denn: «Im Alter ist manches anders», wie Dorothee Döring sagt. Die studierte Pädagogin, Jahrgang 49, hat nicht nur ein Buch über die Partnersuche im Alter geschrieben. Sondern auch eines darüber, wie Zweisamkeit gelingen kann.
Sie berichtet: «Man ist nicht mehr so spontan und unbekümmert wie in jungen Jahren.» Schließlich habe man Altlasten aus vorausgegangenen Beziehungen. Und: «Man möchte vor allem im reiferen Alter keine Fehler mehr machen, weil man möchte ja aus Fehlern gelernt haben.»
Also kühler Kopf bei Beziehungsanfängen statt Schmetterlinge im Bauch? Für den Diplom-Psychologen und systemischen Familientherapeuten Matthias Richter muss das keine schlechte Sache sein.
Freizeit zusammen gestalten
«Während in jungen Jahren sowas wie Verliebtheit im Vordergrund steht, geht es bei älteren Paaren vielleicht eher darum, wieweit eine Passung in lebenspraktischen Bereichen gegeben ist», sagt der 66-Jährige, selbst in zweiter Ehe verheiratet. «Ob man sich vorstellen kann, gemeinsam auch die Herausforderungen des Alters anzunehmen. Ob gemeinsame Interessen da sind.»
Auch wenn es manchen Menschen so erscheinen mag, als dürfe man im höheren Alter nicht mehr zu viel Zeit verstreichen lassen, sollte man das in Ruhe herausfinden. Etwa bei gemeinsamen Unternehmungen. «Weil es in dem Alter ja zunehmend darum geht, Freizeit miteinander zu gestalten», so Richter. «Und da müssen die Interessen natürlich einigermaßen passen.»
Jeder kommt mit Schrammen und Macken
Vor allem aber sollte man nicht erwarten, «dass man jemanden findet, der ohne Schrammen und Macken aus dem bisherigen Leben hervorgegangen ist», so Richter. Oder aber, dass sich der andere noch grundlegend verändert. Stattdessen besser gucken: «Kann ich mit den Schattenseiten meines Erwählten, meiner Erwählten denn auch leben?»
Bevor man zusammenzieht, sollte man Richter zufolge dann beispielsweise auch genau überlegen, was man denn dabei voneinander erwartet. Und vorab Modelle ausprobieren, bei denen man probeweise mal in der Wohnung des einen und dann des anderen zusammenlebt, sofern das möglich ist. «Weil einen Zusammenzug rückgängig zu machen, wenn er erstmal vollzogen ist, das ist ja gerade jetzt mit der Wohnungsmarktlage unheimlich schwierig.»
Reden – und Raum geben
Das Motto also: sich Schritt für Schritt an das neue «Wir» herantasten. Das gilt auch für das familiäre und freundschaftliche Umfeld des neuen Partners.
Bestehenden Freundschaften sollte beispielsweise weiterhin Raum gegeben werden, etwa für gemeinsame Unternehmungen oder Reisen – auch ohne einen selbst, so Richter.
Und wer darauf hofft, das jeweilige Umfeld an Feiertagen und Geburtstagen an einen Tisch zu bringen, sollte bereit sein, sich auch von gewohnten Ritualen ein Stück weit zu verabschieden. Man könne sich etwa zusammensetzen und gemeinsam ein neues Konzept entwickeln, so Döring: «Wir haben das zwar bisher so und so gemacht. Wie habt ihr es denn gemacht? Und wie sollen wir es in Zukunft machen?»
Überhaupt: miteinander reden. Das dürfte auch im höheren Alter das Erfolgsrezept schlechthin für Beziehungen sein. Wem das gelingt, der kann von einer neuen Liebe vielleicht kein ganz neues Leben erwarten. Aber: «Man darf nochmal auf eine ganz eigene Art und Weise Dinge gestalten oder durchsetzen», sagt Döring. «Oder andere Schwerpunkte setzen oder auch das ausleben, was vorher zu kurz gekommen ist.»
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