Das Impftempo in Deutschland zog zuletzt deutlich an – und bald soll es auch für die jüngsten Menschen ganz schnell gehen mit der Impfung gegen das Coronavirus.
Wohl noch im Mai will die europäische Arzneimittelbehörde EMA über die Empfehlung zur Zulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer ab 12 Jahren entscheiden. Bislang gibt es in der EU für das Vakzin eine Zulassung erst ab 16, für jüngere Minderjährige gibt es noch keinen Covid-19-Impfstoff.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) zeigt sich optimistisch: Die Über-12-Jährigen könnten, die Zulassung vorausgesetzt, schon im Sommer geimpft werden. Jüngere Kinder könnten bald folgen. Die Impfung von Kindern sei bei der Bewältigung der Pandemie in mehrfacher Hinsicht von Bedeutung, sagt Thomas Mertens, Chef der Ständigen Impfkommission (Stiko). Zunächst könnten besonders Kinder mit Vorerkrankungen geschützt werden, diese sollten nach einer Zulassung zuerst geimpft werden.
Schwere Covid-19-Verläufe auch bei Kindern möglich
Nach aktuellem Kenntnisstand erkranken Kinder zwar dramatisch seltener schwerwiegend an Covid-19, entsprechende Verläufe sind aber nicht ausgeschlossen. Weil Kinder als mögliche Überträger des Virus an dessen Zirkulation beteiligt seien, spielten sie zudem eine Rolle für die Herdenimmunität, erklärt Stiko-Chef Mertens. Es müsse auch so wenig Virusvermehrung wie möglich geben – denn während dieser könnten potenziell gefährliche Mutanten entstehen.
Dennoch warnt die Stiko vor zu viel Eile: Vor einer generellen Impfempfehlung für Kinder steht laut Mertens eine sehr genaue Prüfung der Daten zu Sicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit der Impfung bei ihnen. Der Präsident des Berufsverbands der Kinder- und Jugendärzte, Thomas Fischbach, kritisierte den Zeitplan von Bund und Ländern in der «Rheinischen Post» als «überambitioniert».
Die Bundesregierung verspricht eine gründliche Prüfung der Corona-Impfung für Kinder. Nach der Notfallzulassung des Impfstoffs von Biontech/Pfizer in den USA solle es in Deutschland im Gegensatz dazu eine reguläre Zulassung geben, so Spahn. Bei vielen bleibt dennoch die Frage: Sollten Kinder, obwohl ihr Risiko für einen schweren Krankheitsverlauf so gering ist, geimpft und somit dem Risiko möglicher Nebenwirkungen ausgesetzt werden?
Hohe Anforderungen an den Impfstoff
Der Berliner Kinderarzt Jakob Maske weist darauf hin, dass für Jugendliche und Kinder genauestens geprüft werden müsse, welche Dosis notwendig ist, ob Nebenwirkungen auftreten können und ob der Impfstoff die gleiche Immunität wie bei Erwachsenen hervorruft. «Für Kinder muss ein Impfstoff ganz besonders sicher sein», betont er. Selbst geringste Nebenwirkungen müssten ausgeschlossen werden.
Dass Kinder und Jugendliche heftiger auf Impfungen reagieren, lasse sich nicht pauschal sagen – oft vertrügen sie sie eigentlich sogar deutlich besser. «Aber auch hier muss man die Untersuchungen abwarten, ein mRNA-Impfstoff ist ja auch für Kinder etwas Neues», erklärt Maske.
Vorschnelle Erwartungen, dass schon bald alle Kinder geimpft sein könnten, seien mit großer Vorsicht zu betrachten. «Das Wichtigste ist, dass wir einen zugelassenen, absolut sicheren Impfstoff haben, der auch die Stiko-Empfehlung hat. Erst dann impfen wir Kinder und Jugendliche.» Treibender Faktor für die Impfung von Kindern solle nicht das Bedürfnis sein, Herdenimmunität herstellen zu wollen, betont Maske. «Sie sollen geimpft werden, um selbst geschützt zu sein.»
In der Debatte gehe es bei den jungen Menschen auch um die viel diskutierten Erleichterungen für Geimpfte, sagt Maske. Familien machten sich beispielsweise bereits Gedanken, wie der Urlaub mit einem ungeimpften Kind aussehen könnte. «Hier werden die Kinder schon jetzt benachteiligt, was das Alltagsleben anbelangt», kritisiert der Mediziner. «Wir sind dafür, dass Kinder und Jugendliche wieder ihre Rechte erhalten – auch völlig unabhängig von der Impfung.»
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