22. November 2024

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Einsamkeit verstehen und handeln – die wichtigsten Tipps

Einsamkeit betrifft zunehmend auch jüngere Erwachsene und Menschen, die nicht allein leben, wie eine aktuelle Studie zeigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Michael Matthey/dpa)

Einsamkeit betrifft zunehmend auch jüngere Erwachsene und Personen, die nicht allein leben, so eine aktuelle Studie des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung (BiB). Und auch noch Jüngere können darunter leiden. Susanne Bücker ist Professurin für Entwicklungspsychologie und Pädagogische Psychologie an der Universität Witten/Herdecke und erklärt, was man über Einsamkeit wissen muss.

Allein ist nicht gleich einsam

«Einsam sein ist etwas anderes als allein sein. Alleinsein beschreibt einen objektiven Zustand, aber Einsamkeit beschreibt ein subjektives Gefühl», sagt Prof. Bücker. Oft wird Einsamkeit als Missverhältnis zwischen den gewünschten und den tatsächlichen sozialen Beziehungen beschrieben. Und Menschen können sich auch einsam fühlen, wenn sie – objektiv betrachtet – vielleicht viele Kontakte haben. 

Nicht nur ältere Leute sind einsam

«Ein Irrglaube in Bezug auf die Einsamkeit ist, dass Einsamkeit nur ein Thema fürs hohe Lebensalter darstellt», sagt Bücker. «Es stimmt zwar, dass mit 80 Jahren aufwärts auch das Einsamkeitsrisiko ansteigt und zum Beispiel Menschen, die in einer Pflegeeinrichtung leben, besonders von Einsamkeit bedroht sind. Aber im jungen Erwachsenenalter fühlen sich ähnlich viele Menschen chronisch einsam wie im hohen Lebensalter und diese Altersgruppe wird beim Thema Einsamkeit oft vergessen.» 

Einsamkeit ist gerade bei Jüngeren nicht folgenlos

Susanne Bücker forscht auch zur Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen. Sie sagt: «In Deutschland geben ca. 13 Prozent der Kinder und Jugendlichen im Alter von 11 bis 15 Jahren an, dass sie sich die meiste Zeit einsam fühlen. Der Anteil der stark einsamen deutschen Jugendlichen im Alter von 16 bis 20 Jahren variiert 16,3 Prozent und 18,5 Prozent. Diese Einsamkeit bei Kindern und Jugendlichen kann gravierende gesundheitliche Konsequenzen haben und zum Beispiel das Herz-Kreislauf-System negativ beeinflussen. Man kann sich Einsamkeit wie einen chronischen Stressor vorstellen, der die betroffenen Kinder in eine Art Dauerkrisenmodus versetzt. 

Einsamkeit ist nicht unsichtbar

Wer sich einsam fühlt, empfindet oft Traurigkeit, manchmal Angst oder auch Wut – all das sind keine spezifischen Symptome. Aber: «Wenn Eltern merken, dass sich ihre Kinder zurückziehen, nicht mehr mit anderen Kindern verabreden, wenig von sozialen Interaktionen mit anderen Kindern berichten, wäre das ein guter Moment, die Kinder einmal explizit darauf anzusprechen, wie wohl sie sich gerade in ihrer Klasse fühlen und mit wem sie sich in der Klasse gut und mit wem vielleicht nicht so gut verstehen», so Bücker. «Es ist wichtig, dass Eltern hier ein offenes Ohr anbieten und den Kindern Raum dafür geben, auch über solche Gefühle wie Einsamkeit zu sprechen.»

Gerade kleine Kinder würden das Wort «einsam» möglicherweise noch nicht für die Beschreibung ihrer Gefühle nutzen, aber sie können das Phänomen beschreiben, dass sie das Gefühl haben, dass die anderen Kindern oft Dinge machen, ohne sie zu fragen, ob sie mitmachen möchten, oder sie grenzen einen aus oder verstehen nicht so richtig, was in einem vorgeht.»

Man muss und sollte sich mit Einsamkeit nicht abfinden

Bücker nennt drei Dinge, die man gegen Einsamkeit tun kann – eigene oder die von anderen:

1. Kontakte reaktivieren: «Manchen Menschen, die sich einsam fühlen, hilft es, sich zu überlegen, mit wem sie länger keinen Kontakt mehr hatten und welchen Kontakt sie gerne reaktivieren würden. Das ist meist einfacher als auf ganz neue Menschen zuzugehen.» 

2. Sicht selbst etwas Gutes tun: Es kann auch helfen, sich zu überlegen, welche Aktivitäten einem Spaß machen, für die man keine anderen Menschen braucht, so Bücker. Sich selbst etwas Gutes tun und nachsichtig statt selbstkritisch mit sich zu sein, kann helfen. 

3. Bei Einsamkeit im Umfeld hartnäckig sein: «Wenn man bei Freunden oder Bekannten feststellt, dass sie sich möglicherweise einsam fühlen könnten, wäre es schön, wenn man diese mit freundlicher Hartnäckigkeit zu gemeinsamen Aktivitäten einlädt», empfiehlt die Psychologin. «Damit ist gemeint, dass man sich nicht direkt abwimmeln lässt, wenn die Personen absagen, «denn das ist typisch für die Einsamkeit, sondern sein Beziehungsangebot zu einem späteren Zeitpunkt wiederholt und vermittelt, dass man gerne Zeit mit dem anderen Menschen verbringen würde.»

Von Bettina Lüke, dpa