23. November 2024

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Glücksstunden für Grundschüler: Auf das Gute fokussieren

An einigen Grundschulen in Braunschweig stehen derzeit für rund 300 Schülerinnen und Schüler Glücksstunden auf dem Programm. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)

Es ist ungewöhnlich still im Klassenraum der 4.1 der Grundschule im Braunschweiger Norden – nicht Mathe oder Deutsch stehen auf dem Stundenplan – sondern Glück. Die Kinder kennen das Team von der TU Braunschweig mittlerweile gut und warten gespannt, was dieses Mal in der Glücksstunde drankommt.

Es geht um Lob und Komplimente, um Wertschätzung und Anerkennung. «Hier lernt man, wie man glücklicher werden kann», erklärt die Viertklässlerin Mayra.

An insgesamt 16 Braunschweiger Grundschulen stehen derzeit für rund 300 Schülerinnen und Schüler Glücksstunden auf dem Programm. Anlass ist ein Forschungsprojekt des Instituts für Pädagogische Psychologie der Technischen Universität. Das Forscherteam will mit einem Lehrplan rund um Glück das Thema in die Lehrkräfteausbildung integrieren und die Auswirkungen wissenschaftlich untersuchen.

Positiver Umgang mit den anderen in der Klasse

Für diese Glücksstunde an der Grund- und Hauptschule Pestalozzistraße haben die Studentinnen Nele Mann und Sarah Plenge die Übung «warme Dusche» vorbereitet. Auf Karten schreiben die Schülerinnen und Schüler schöne Komplimente und lesen sie sich im Stuhlkreis gegenseitig vor. «Du kannst richtig gut Fußballspielen», heißt es in einem Beispiel. «Ich habe mich dabei glücklicher gefühlt», beschreibt Ludwig, was die netten Worte bei ihm auslösen. Bei so viel Lob und Wertschätzung läuft es einem gefühlt ganz warm den Rücken hinunter, wie bei einer warmen Dusche eben.

Projektleiter Tobias Rahm berichtet von einer internationalen Bewegung der «Positive Education» (Deutsch: Positive Bildung). Dabei gehe es darum, mehr Wohlbefinden in Schulen und andere Bildungseinrichtungen zu bekommen.

Das sogenannte GlüGS-Projekt an Braunschweiger Grundschulen ist Rahm zufolge eines von mehreren in Deutschland und weltweit. Nach insgesamt elf Stunden wollen die Wissenschaftler überprüfen, ob es einen messbaren Erfolg gibt.

Mehr Kreativität durch positive Einstellung

Eine relativ deutliche Erkenntnis aus der Positiven Psychologie ist Rahm zufolge, dass Menschen mit einem hohen Wohlbefinden mit verschiedenen Vorteilen durchs Leben gehen. «Sie sind kreativer, bessere Problemlöser, sie verhalten sich gesünder und leben tatsächlich auch länger», zählt der Glücksforscher auf.

Mit dem Wissen, das sich so etwas trainieren lasse, liege es doch auf der Hand, das auch zu tun, meint der Diplom-Psychologe. Aus Sicht des Wissenschaftlers lohnt es sich, nach den Dingen zu fragen, die zu mehr Wohlbefinden und weniger Stress und Ärger führen.

Und den Schulkindern scheint die Abwechslung zu gefallen. «Du lernst mal was anderes, du lernst, glücklich zu sein», sagt Ludwig. Seine Mitschülerin Elsa ergänzt, dass sie schon gelernt habe, nicht immer alles negativ zu sehen. Sie will erstmal probieren, Dinge gut zu sehen: «Nicht immer gleich sagen, das ist blöd, das ist schlecht».

Wertschätzung ist ein wichtiges Thema

Für Schulleiter Till Rückriem geht es darum, sich an den kleinen Dingen zu orientieren und mit den Kindern zu lernen, diese Sachen mehr wertzuschätzen. Nicht nur das große Geschenk an Weihnachten bedeute Glück. Weitere Schwerpunkte in den Glücksstunden sind etwa Hilfsbereitschaft, Achtsamkeit, Entspannung und Perspektivwechsel. «Die Auswirkungen dessen, was weltweit passiert, macht vor den Kindern kein Halt», sagt Rückriem. Ihnen zu sagen, fokussiert euch auf das Gute, hilft aus seiner Sicht.

Auch für die Buchautorin und Projektpartnerin, Carina Mathes, spielt das Weltgeschehen eine zentrale Rolle für den Unterricht mit den Kleinen. «Was wir in Zukunft mehr denn je brauchen, sind resiliente Menschen. Menschen, die emotional stabil sind und aus dieser inneren Mitte heraus, gute, nachhaltige und achtsame Entscheidungen treffen», sagt Mathes. Ihr sei es wichtig aufzuklären, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, was möglich und machbar ist.

Aus den Schulen gebe es erstes positives Feedback, teilt das niedersächsische Kultusministerium dazu mit. Laut dem Regionalen Landesamt für Schule und Bildung Braunschweig lässt sich der Inhalt gut in den Schulalltag integrieren. Ein eigenes Schulfach brauche es aber nicht, sagt ein Ministeriumssprecher aus Hannover. Allen Beteiligten ist wichtig zu betonen, dass durch das Projekt kein anderer Unterricht ausfällt. Die Glücksstunden gibt es quasi einfach oben drauf.

Von Christian Brahmann, dpa