Viele hatten es kommen sehen: Auch dieses Jahr gibt es wegen der Corona-Pandemie kein Oktoberfest.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) und Münchens Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) begründeten die Entscheidung am Montag mit der nicht absehbaren Entwicklung bei den Infektionszahlen. Bereits 2020 war die Wiesn abgesagt worden – zum ersten Mal seit gut 70 Jahren.
Eine sichere Durchführung von Volksfesten mit Hygienemaßnahmen wie Masken sei nicht realistisch, erläuterte Söder. Bei einer späteren Absage drohe ein noch größerer wirtschaftlicher Schaden. Die Wiesn wiederum sei «eine der größten, vielleicht die größte Visitenkarte», die Bayern in der Welt habe – und die könne beschädigt werden.
Reiter sagte, auch für ihn persönlich sei es keine leichte Entscheidung. Es mache aber keinen Sinn, länger zu warten. Um ein Volksfest feiern zu können, müsse das Volk auch hingehen können. Zudem müsse es eine angstfreie und sichere Atmosphäre geben. «A bisserl Wiesn geht nicht.»
Schausteller und Wirte äußerten sich enttäuscht. Für viele ist es kaum fassbar, das das Volksfest zwei Mal in Folge abgesagt wird. Im vergangenen Jahr war es erstmals sei seit gut 70 Jahren ausgefallen – und alle hatten fest auf 2021 gesetzt. Nur im Ersten Weltkrieg gab es länger keine Wiesn: Von 1914 bis 1918 feierte München nicht.
Vom 18. September bis 3. Oktober hätte die Wiesn stattfinden sollen. Auch wenn bis dahin viele geimpft sein könnten: Wie wäre es mit der Ansteckungsgefahr in voll besetzten Bierzelten und im Gedränge der Gassen? Etwa ein Testzelt vor dem Bierzelt, ein Impfpass zum Reservieren, Feiern mit 1,50 Metern Abstand oder gar ein Verzicht aufs Bier, damit die Gäste die Regeln nicht vergessen – das wäre kaum vorstellbar.
Der Wiesn-Chef und Wirtschaftsreferent Clemens Baumgärtner (CSU) stellte sich hinter die Absage. Die Entscheidung sei «völlig richtig – nicht nur aus Rücksicht auf die Gesundheit der Besucher, sondern auch aus Rücksicht auf den guten Ruf des Münchner Oktoberfestes als qualitätsvolles, sicheres Fest». Er setze nun auf 2022.
«Dass wir zwei Jahre keine Wiesn haben, ist für alle Kollegen ein schwerer Schlag – wir hätten uns nie vorstellen können, dass es so kommen könnte», sagte der Sprecher der Wiesn-Wirte, Peter Inselkammer. Trotz aller Ungewissheit hatten sich laut Inselkammer die allermeisten Stammgäste vor allem aus der Region ihre Plätze gesichert. Zu 95 Prozent hätten sie ihre Tische so bestellt wie 2019.
«Uns trifft das ins Mark», sagte der Vorsitzende des Münchner Schaustellerverbandes, Peter Bausch. «Uns fehlt wieder ein ganzes Jahr.» Schließlich werde nicht nur das Oktoberfest abgesagt – «sondern wieder eine ganze Saison». Dabei hätten Aussagen der Politik Hoffnung aufkeimen lassen: «Wenn es im Herbst Normalität geben soll, dann gehört zur Normalität auch ein Volksfest», sagte Bausch.
Viele Fahrgeschäfte und Betriebe sind ebenso wie die Bierzelte seit der Wiesn 2019 im Winterlager. Sie stehen nur auf dem Oktoberfest, etwa das legendäre Varieté-Theater «Schichtl» und das historische Karussell Krinoline, das sich bei Live-Blasmusik wie ein Reifrock der Damenwelt früherer Jahrhunderte schwingend dreht.
Die erneute Absage trifft wirtschaftlich nicht nur Schausteller, Wirte und Budenbesitzer, sondern auch Hotels, Gaststätten, Taxifahrer und Einzelhändler. Die Wiesn 2019 hatte nach Angaben der Stadt einen Wirtschaftswert von rund 1,23 Milliarden Euro.
«Es sind hunderte Millionen Euro, die die Besucher in die Kassen des Einzelhandels bringen», sagt Bernd Ohlmann, Geschäftsführer des Handelsverbands Bayern. «Er ist enorm, was da dranhängt.» Die Wiesn sei «das Aushängeschild für die Welteinkaufsstadt München». «Die Wiesn spielt in einer Liga mit dem FC Bayern und mit BMW. Das sind die drei Trümpfe der Stadt.»
Söder und Reiter äußerten sich zuversichtlich, dass die Chance auf die Wiesn im nächsten Jahr besser sein werde – und dass der Ausfall nicht geschadet habe. Wenn es wieder eine Wiesn gebe, werde sofort Wiesn-Feeling zurückkehren, sagte Reiter. «Ich bin ganz sicher: Wenn die Menschen wieder feiern dürfen, dann werden sie wieder feiern.» Auch Söder sagte, die Menschen hungerten und dürsteten danach. Er warnte aber mit Blick auf mögliche neue Mutanten, man wisse noch nicht genau, was im nächsten Jahr sei. Er glaube zudem, dass «die Maske uns bleiben wird» – wenngleich nicht als Verpflichtung.
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