22. November 2024

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So klappt digitales Weihnachten in der Familie

Damit bei dem digitalen Weihnachten nicht alle stumm bleiben, kann ein Familienmoderator das Gespräch in Gang bringen - mit Fragen etwa nach Glück und Träumen oder wie die Älteren Weihnachten in der Jugend erlebt haben. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Gpointstudio/Westend61/dpa-tmn)

Ganz klar: Viele Menschen würden zu Weihnachten gerne dorthin fahren, wo ihre Wurzeln sind. Auf das Beisammensein mit Eltern und geliebten Familienangehörigen wollen sie nicht verzichten. Doch die Corona-Pandemielage erschwert diesen Wunsch.

Wie kann man auch ohne Besuche Nähe entstehen lassen? Klappt das am Bildschirm?

Die Antwort lautet: Ja, aber nur unter bestimmten Voraussetzungen. Denn digitale Zusammenkünfte sind anders als das Zusammensitzen am Weihnachtsbaum. Damit es gelingt, sollte man festliche Rituale auch in dem Videochat nachbilden, rät der Psychotherapeut und Buchautor Wolfgang Krüger aus Berlin. Im Interview verrät der Experte außerdem, welche Knallerfrage das digitale Gespräch so richtig in Fahrt bringt.

Frage: Wie kommt man per Videokonferenz in Weihnachtsstimmung?

Wolfgang Krüger: Entscheidend ist, dass wir die Rituale des Weihnachtsfestes nachbilden. Wir ziehen uns schön an, zünden Kerzen an, haben Glühwein auf dem Tisch stehen und jene Geschenke, die man uns zugeschickt hat. Am Anfang kann man damit beginnen, nacheinander die kleinen und größeren Pakete auszupacken. Der schwierigere Teil folgt danach: Ein Gespräch unter allen in Gang zu bringen.

Frage: Was ist daran so schwierig?

Krüger: Nicht jeder ist vertraut mit beruflichen Videokonferenzen und hat Erfahrungen damit. Auch zu zweit ist es noch relativ einfach, miteinander am Bildschirm zu reden. Aber in einer größeren Runde bleibt es meist erstmal stumm und es herrscht eine merkwürdig förmliche Atmosphäre. Denn Vertrautheit entsteht meist erst dadurch, dass man zusammensitzt, isst und trinkt.

Frage: Wie kann man die förmliche Atmosphäre durchbrechen und geschickt einen Gesprächsfaden finden?

Krüger: Wir sind fast unbeholfen, ein anderes Familienmitglied nach seinem Leben zu befragen. Und wir glauben häufig, den anderen zu kennen. Dabei ist er wie ein Kontinent, den wir einmal durchquert haben. Wir kennen dann höchstens die Autobahnen, aber nicht die vielen kleinen Orte, Nebenstraßen und Flüsse.

So kennen Kinder meist die vielen Erlebnisse und Gefühle der Eltern nicht, weil sie es nicht als ihre Aufgabe empfunden haben, danach zu fragen. Und wir kennen das Leben der Großeltern schon gar nicht – weil sie viel geschwiegen haben, und oft leben diese nicht mehr, wenn wir uns endlich für sie interessieren. Also müssen wir lernen, gute Fragen zu stellen. Auf diese Weise entstehen Gespräche, die ans Herz gehen, weil wir Worte finden, die berühren.

Ich empfehle vor allem den erwachsenen Kindern, dass sie die Eltern fragen: Wie habt ihr Weihnachten erlebt, als ihr 12 oder 18 Jahre alt wart? Oder man kann anfangen, das Leben der Großeltern zu erfragen: Was waren deine Lebensziele mit 16, 17 Jahren und was ist daraus geworden?

Frage: Gibt es noch andere Anregungen für den Start, wenn man zum Warmwerden nicht gleich so persönlich einsteigen will?

Krüger: Ich empfehle, eine Rundfrage zu starten, was für jeden von uns Glück bedeutet. Oder wüssten Sie das für Ihre Mutter oder den Großvater? Auch möglich: Was träumt jeder eigentlich so, inklusive den Tagträumen? Ich weiß aus eigener Erfahrung, dass sich diese Frage zum Knaller entwickelt.

Frage: Knaller? Inwiefern?

Krüger: Wenn jeder ganz naiv seine Träume erzählt, sind es ganz verblüffend die anderen, die sofort merken, was dahintersteckt – vor allem, wenn ein Psychotherapeut dabei ist. Andere haben genügend Abstand und wissen, worum es in den Traum wirklich geht.

Frage: Sollte man bestimmte Themen in der digitalen Runde meiden?

Krüger: Man sollte immer Themen finden, worüber alle reden oder lachen können, etwa wenn jeder einen anderen Dialekt nachmacht oder seinen Lieblingswitz erzählen soll. Ganz persönliche Themen, wie etwa Abnehmen oder Eheprobleme, müssen unbedingt ausgeklammert werden.

Frage: Also bräuchte es jemanden, der Regie führt?

Krüger: Unbedingt! Gut ist es, wenn jemand aus der Familie die Moderation übernimmt. Am besten jemand, der sich ein bisschen in Gesprächsführung auskennt und einfühlsam ist. Und das ist meist nicht diejenige Person, die am meisten redet und eher narzisstisch veranlagt ist.

Frage: Eignen sich neben Gesprächen auch Spiele, um digital zu feiern?

Krüger: Grundsätzlich ja. Gespräche sind anspruchsvoll, Spiele entspannend. Aber man muss schauen, ob sie digital funktionieren. Der Moderator kann auch ein Lied anstimmen.

Frage: Lieder per Videoschalte zu singen, hört sich meist wie ein schräger Kanon an. Ist das wirklich so eine gute Idee?

Krüger: Dinge am Rande der Komik sind doch wunderbar. Schauen Sie mal, wie dabei die Augen in der Runde leuchten. Wenn jedem ein bisschen zum Lachen zumute ist, hat das nicht nur etwas Kindliches, sondern erinnert auch an die Kindheit. Um das Gefühl von früher zurückzuholen, braucht es nur ein paar Trigger. Wenn man die drückt, muss man gar nicht zusammenkommen. Man muss bloß Dinge tun, die daran erinnern.

Interview: Claudia Wittke-Gaida, dpa