1. November 2024

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Vom Bobby-Car zum echten Luxusrenner

Dieses Lizenz-Bobby-Car heißt bei Volkswagen Junior Beetle. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Frank Rumpenhorst/dpa/dpa-tmn)

Wenn Dacia sein Modell Sandero als billigsten Neuwagen im Land zu Preisen ab 8890 Euro rühmt, können sie sich bei Simba-Dickie in Burghaslach ein Schmunzeln nicht verkneifen. Denn dort in Franken beginnt die Preisliste schon bei 39,90 Euro.

Zwar bietet das günstige Auto nur Platz für einen Fahrer, der am besten weder sonderlich groß noch schwer ist. Und selbst neben dem mit 4,09 Metern eher kurzen Sandero wirkt es vergleichsweise winzig. Doch dafür verkauft es sich millionenfach. In Burghaslach betreibt der Spielwarenriese Simba-Dickie eines der größten «Automobilwerke» im Land – denn dort entsteht seit Jahrzehnten das Bobby-Car.

Das Spielzeug ist nach Angaben des Herstellers das erfolgreichste «Rutsch-Auto» der Welt. Mit ihm fördern die Franken aber nicht nur die Motorik des Nachwuchses, sondern sie kämpfen zugleich gegen die nach Angaben vieler Trendforscher schwindende Begeisterung für Autos.

Audi TT oder AMG GT auch für die Kleinen

Nicht ohne Grund gibt es neben dem feuerroten Original mittlerweile bei fast jedem Fahrzeughersteller im Zubehörprogramm eine Lizenzversion des Bobby-Cars oder ein zumindest davon inspiriertes Rutsch-Auto, mit dem das Marketing bereits im Kinderzimmer ansetzt. Porsche 911, VW Beetle oder Tiguan, Audi TT, Mercedes-AMG GT: Sie alle sollen als Miniaturen den Spaß an der Mobilität fördern.

Wenn das mit dem Laufen schon klappt, geht es bei den Herstellern mit Tretautos im Stil des Kettcars weiter. Und über die Rutsch- und Tretautos hinaus gibt es beim Spielwaren- oder Autohändler zahlreiche mehr oder minder originalgetreue Miniaturen, die mit einem E-Motor durch Flure und über Spielplätze surren – auch wenn die Wahl des emissionsfreien Antriebs weniger dem Zeitgeist geschuldet sein dürfte als dem Umstand, dass solche Autos auch mal drinnen gefahren werden.

Es geht auch echter und teurer

Ben Hedley kann darüber nur lachen. Er ist Chef der Little Car Company in Bichester (Großbritannien) und versteht sich weniger als Spielwaren- denn als Autohersteller, selbst wenn in den auf etwa 75 Prozent geschrumpften Modellen schon Teenager ans Steuer können.

Das Selbstverständnis liegt zum einen am hohen Aufwand, den Hedley bei Entwicklung und Erprobung leistet. Nicht umsonst spulen die Prototypen mehr als 5000 Kilometer ab, und seine Teile kauft er bei den gleichen Zulieferern wie die Großen. Zum anderen liegt es aber auch an den Preisen: Hedleys billigstes Auto ist mit etwa 35 000 Euro teurer als viele ausgewachsene Neuwagen.

Wer ganz oben einsteigt, der kann bei der Little Car Company auch sechsstellige Summen ausgeben. Dafür gibt es aktuell drei Modelle, die den Segen des Original-Herstellers tragen. Sie sind in originalen Farben lackiert, mit den gleichen Ledern ausgeschlagen und nutzen etwa bei Typenschild oder Zündschlüssel bisweilen identische Teile.

Ein kleiner James Bond sein – das Miniauto dafür gibt’s

Zur Wahl stehen der Bugatti Baby II, der vom legendären Type 35 inspiriert ist, der aus den James-Bond-Filmen bekannte Aston Martin DB5, den es auf Wunsch auch mit Gadgets aus dem «Goldfinger»-Streifen gibt, und ein Ferrari Testa Rossa.

Jedes Modell, das in Bichester von Hand binnen etwa einer Woche produziert wird, steht auf einem Gitterrohrrahmen. Über den wird eine mit den Designern der Original-Anbieter abgestimmte Aluminiumkarosserie gestülpt. Darunter stecken ein bis drei Akkus à 1,4 kWh für jeweils rund 30 Kilometer Fahrt sowie ein E-Motor mit einer Leistung von 1 bis 12 kW.

Zwar können Sportwagenfahrer darüber nur lachen. Doch bei kaum zwei Zentnern Leergewicht hat der Motor hier leichtes Spiel. Dazu kommen das bei E-Maschinen fast schon explosiv einsetzende Drehmoment sowie ein sehr strammes Fahrwerk und eine überraschend direkte Lenkung.

Landstraßentempo ist mit den Mini-Rennern möglich

Auf dem Rundkurs um das Firmengelände fühlt man sich schnell wie ein Lewis Hamilton Junior – erst recht, wenn Hedley vorher mit einem Schlüssel die volle Leistung freischaltet. Dann lässt sich nur eine Handbreit über dem Asphalt mit teilweise bis zu 100 km/h davon schießen. Nur gut, dass die Briten bislang weder Blinker montieren noch Kennzeichenhalter – zu groß wäre sonst vielleicht die Versuchung, eine Spritztour ins echte Leben zu wagen.

Obwohl noch keine zehn Jahre im Geschäft, hat sich Hedley mit diesen Miniaturen an die Spitze einer Szene gesetzt, die vor allem im Vereinigten Königreich aktiv ist. In England gibt es mehrere Hersteller, die maßstabsgetreue Modelle für jugendliche Selbstfahrer anbieten. Bei Oldtimer-Events wie dem Festival Of Speed in Goodwood gehen sie damit sogar bisweilen im Wettkampf auf die Rennstrecke. Wozu sonst sollten selbst Formel-1-Boliden auf die halbe Länge geschrumpft werden?

Der echte Fahrspaß geht auch günstiger – ein bisschen zumindest

Dass die nicht alle so teuer sein müssen wie die Miniaturen aus Bichester, beweist zum Beispiel Nathan Harrington. Er lässt in Vietnam vom Formel-1-Renner aus den 1960er Jahren über den Porsche 356 oder den Mercedes 300 SL bis zum Land Rover Defender mehr als ein Dutzend Klassiker im Maßstab 1:2 bauen. Diese sind mit Preisen ab knapp 10 000 Euro zwar noch immer ziemlich teure Spielsachen, aber nur einen Bruchteil so teuer wie die PS-Preziosen aus Bichester.

Neben einem 20 km/h schnellen Elektroantrieb gibt es nach Angaben des Unternehmens dabei auch Verbrenner: 110 Kubikzentimeter groß, rund sieben PS stark und mit einem halbautomatischen Dreiganggetriebe kombiniert, beschleunigen sie die Bonsai-Sportler auf fast 70 km/h.

Trotz dieses hohen Tempos sind die kleinen Flitzer für die Straße natürlich absolut tabu, mahnt der Hersteller: «Das sind Spielzeuge, mit denen man das private Gelände nicht verlassen sollte.»

Dass sich Hedleys Little Car Company ausschließlich dem Elektroantrieb verschieben hat, hat vor allem zwei Gründe: «Neben dem Umweltgedanken ging es uns vor allem um Wartungs- und Nutzerfreundlichkeit», sagt der Firmenchef. Denn nur, weil er echte Autos baut, will er seinen Kunden keinen «echten Service oder gar einen regelmäßigen Werkstattaufenthalt zumuten.»

Zwar ist Hedley stolz auf viele Parallelen zur echten Autowelt – bis hin zum sogenannten Shakedown. Diesen Funktionstest muss jedes einzelne Auto auf dem ehemaligen Flughafengelände rund um den Firmensitz absolvieren, bevor es im Transportcontainer auf die Reise zur Kundschaft geht. Doch auf eine Gemeinsamkeit würde der Firmenchef dann doch gerne verzichten: Auch er hat aktuell mit langen Lieferfristen zu kämpfen, selbst wenn die nichts mit dem Chipmangel zu tun haben: «Sondern wir werden schlicht mit Aufträgen überrannt.»

Von Thomas Geiger, dpa