21. November 2024

HEALTH News

Alles rund um Ihre Gesundheit

Von Sumerern und Sommeliers – Bier-Mythen auf dem Prüfstand

Wurde das Bier in Europa erfunden? Ist Bier gesund? Ist in alkoholfreiem Bier wirklich kein Alkohol? Rund um das Kulturgut wabern einige Mythen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christoph Soeder/dpa)

Mehr als 1500 Brauereien, bis zu 6000 verschiedene Marken, zahllose Museen zur Kulturgeschichte. Bier gilt noch immer als des Deutschen liebstes Getränk – obwohl die Corona-Pandemie beim Absatz auch hierzulande deutliche Spuren hinterlassen hat. Zeit für einen Faktencheck:

BEHAUPTUNG: Die Europäer haben das Bierbrauen erfunden.

BEWERTUNG: Falsch.

FAKTEN: Bier gibt es schon, seit der Mensch Getreide anbaut. Bereits vor Tausenden Jahren war das Gebräu in Mesopotamien, dem Land zwischen Euphrat und Tigris, populär. Die dort lebenden Sumerer kannten Historikern zufolge mindestens neun Sorten, die sie vor allem aus Gerste und Emmer, einer Weizenart, produzierten. Die Kunst des Brauens gelangte über die Babylonier nach Ägypten, wo es schon 3000 vor Christus die ersten Kneipen gegeben haben soll. Der älteste archäologische Hinweis auf die Braukunst der Germanen stammt aus Kulmbach (Bayern): Bierkrüge aus der Zeit um 800 vor Christus.

BEHAUPTUNG: Bier ist der Gesundheit förderlich.

BEWERTUNG: Nur teilweise richtig.

Biochemiker der Universität Nürnberg-Erlangen haben tatsächlich herausgefunden, dass im Bier enthaltene Stoffe eine durch Übergewicht und falsche Ernährung verursachte Verfettung der Leber bremsen sowie den Fett- und Zuckerstoffwechsel günstig beeinflussen können. Xanthohumol zum Beispiel kommt ausschließlich im Hopfen vor und sorgt für die gelbe Farbe seiner Blüten. Dennoch: Wegen seines Alkoholgehalts ist herkömmliches Bier natürlich keine Medizin. Empfehlung der Forscher daher: alkoholfrei genießen!

BEHAUPTUNG: Alkoholfreies Bier enthält keinen Alkohol.

BEWERTUNG: Stimmt nicht unbedingt.

Wie andere Biere wird auch das alkoholfreie hierzulande streng nach dem Reinheitsgebot gebraut: aus Wasser, Gerste, Hefe und Hopfen. Ein kleiner Rest Alkohol könne in «alkoholfreiem» Bier aber noch enthalten sein, heißt es beim Deutschen Brauer-Bund: «Entweder wird die Gärung bei dem Erreichen der Restalkoholgrenze von 0,5 Prozent gestoppt oder dem fertig gebrauten Bier wird nach dem herkömmlichen Brauprozess der Alkohol entzogen.» Die gute Nachricht für Autofahrer: Selbst nach einigen Gläsern droht keine nennenswerte Erhöhung der Alkoholkonzentration im Blut, wie eine Studie der Uni Freiburg ergab. Einige Brauereien bieten aber auch Sorten mit 0,0 Prozent an.

BEHAUPTUNG: Beim Bierkonsum liegen die Deutschen europaweit vorn.

BEWERTUNG: Stimmt nur zum Teil.

FAKTEN: Mit fast 83 Millionen Hektolitern wurde in Deutschland 2019 tatsächlich mehr Bier ausgeschenkt als irgendwo sonst in Europa. Spitze war auch die hierzulande produzierte Menge: 91,6 Millionen Hektoliter, von denen knapp 16 Millionen exportiert wurden. Immerhin stammen von den 40 größten Brauereien der Welt acht aus Deutschland. Geht es allerdings um den Konsum pro Kopf, so wendet sich das Blatt: Mit 142 Litern lagen die Tschechen 2019 vor den Österreichern mit 107 Litern. 100 Liter trank im Durchschnitt jeder Deutsche: Rang drei. Weit hinten hingegen rangieren Italiener, Franzosen oder Griechen.

BEHAUPTUNG: Bier sollte man am Besten aus dem Krug genießen.

BEWERTUNG: Sommeliers raten ab.

FAKTEN: Der wahre Kenner bevorzugt ein hochwertiges dünnes und lichtdurchlässiges Kristallglas – sagen zumindest Biersommeliers wie Markus Raupach aus Bamberg. Weil er nicht die passende Form habe, könne ein dickwandiger Krug das spezielle Aroma einer Sorte nur begrenzt wiedergeben. Ein Pils zum Beispiel verliere seinen typischen Charakter. Zudem erwärme es sich in einem ungekühlten Krug leichter und werde dadurch schneller schal. Ein dünnes, glattes Glas hingegen sorgt dafür, dass Aromastoffe und Kohlensäure erhalten bleiben. Und noch ein Tipp: Bier aus der Flasche sollte für Feinschmecker tabu sein, denn die meisten Aromen nimmt beim Trinken die Nase wahr.

Von Michael Kirner, dpa (Foto – Archiv)