Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat vor einer Stigmatisierung schwuler Männer im Zusammenhang mit den Affenpocken gewarnt. Es müsse verhindert werden, «dass Menschen stigmatisiert werden, die homosexuell sind und Sex mit Männern haben», sagte der SPD-Politiker in der ZDF-Sendung «Markus Lanz». «Das ist einfach wichtig zu sagen: Es kann jeden treffen.»
Zuvor hatte der Sprecher der Deutschen Aidshilfe, Holger Wicht, in einem «FAZ»-Podcast betont, es dürfe nicht der Eindruck entstehen, dass nur Schwule die Krankheit bekommen könnten oder sie gar Schuld an der Verbreitung wären. So könnte das – auch von Lauterbach genutzte – Wort «Risikogruppe» so verstanden werden könnte, dass schwule Männer ein besonderes Risiko darstellen. Gemeint sei aber, dass diese Männer ein besonderes Risiko hätten, sich anzustecken. Dem Nachrichtenportal t-online sagte Wicht aber auch: «Herr Lauterbach gibt sich erkennbar Mühe, nicht zu stigmatisieren.»
«Virus kennt keine sexuelle Orientierung»
Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann (Grüne), sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe (Donnerstag), es sei ein Trugschluss, «dass schwule oder bisexuelle Männer an sich gefährdeter sind. Das Virus kennt keine sexuelle Orientierung». «Panikmache und Stigmatisierung» müssten unbedingt vermieden werden.
Affenpocken werden laut Robert Koch-Institut (RKI) durch engen Körperkontakt von Mensch zu Mensch übertragen. Fälle wurden bisher insbesondere bei Männern diagnostiziert, die gleichgeschlechtlichen Sex haben. Darauf hatte am Dienstag auch Lauterbach hingewiesen: «Die Hauptrisikogruppe zum jetzigen Zeitpunkt sind Männer, die Sex mit anderen Männern gehabt haben. Und das muss man ansprechen können, um diese Gruppe zu schützen.»
Das RKI schreibt auf seiner Internetseite: «Das Risiko, sich mit Affenpocken zu infizieren, ist nicht auf sexuell aktive Menschen oder Männer, die Sex mit Männern haben, beschränkt. Jeder, der engen körperlichen Kontakt mit einer ansteckenden Person hat, kann sich infizieren.» Dass momentan vor allem Fälle bei schwulen Männern bekannt sind, könnte unter anderem mit mehreren internationalen Events zusammenhängen, bei denen es zu Ansteckungen kam.
Eine erhöhte Sensibilität für die Übertragung von Affenpocken sei wichtig, sagte Lehmann. Dazu gehöre auch «zielgruppenspezifische Ansprache gegenüber Männern, die Sex mit Männern haben». Er fügte aber hinzu, erhöhte Wachsamkeit für Symptome müsse für alle Menschen gelten. «Viele schwule Männer fühlen sich an den Beginn der Aids-Krise erinnert, als die Infektion ausschließlich schwulen Männern zugeschrieben wurde. Das hat in der Folge dazu geführt, dass schwule Männer stigmatisiert und andere Gruppen wenig geschützt wurden.»
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