23. November 2024

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Was bringen mikrobiologische Tests bei Parodontitis?

Eine Parodontitis ist eine Entzündung des Zahnbetts und kann auf lange Sicht zum Verlust von Zähnen führen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Christin Klose/dpa-tmn)

Dem Auslöser von Parodontitis auf den Grund gehen und eine zielgerichtete Behandlung ermöglichen: Dazu sollen mikrobiologische Tests beitragen.

Doch das Geld für die Tests, die mitunter mehr als 100 Euro kosten und aus eigener Tasche bezahlt werden müssen, können sich Patienten in der Regel sparen.

Zahnmediziner Professor Peter Eickholz ist ein ausgewiesener Experte im Bereich Parodontologie. Im Interview erklärt er, warum die sogenannte Markerkeim-Bestimmung in den meisten Fällen keinen Nutzen für die Behandlung und damit für Patienten bringt.

Herr Eickholz, manche Zahnärztinnen und Zahnärzte bieten einen mikrobiologischen Test auf bestimmte Bakterienarten an, die Parodontitis auslösen. Was ist davon zu halten?

Peter Eickholz: Parodontitis ist nicht allein die Folge einer Infektion mit wenigen Bakterienarten, sondern wird durch die Reaktion der Infektabwehr des Patienten auf die bakteriellen Zahnbeläge – den Biofilm – ausgelöst. Tests auf wenige Bakterienarten, so wie sie jetzt zur Verfügung stehen, beeinflussen keine therapeutische Entscheidung und liefern keine sinnvollen Informationen über die klinische Diagnostik hinaus.

Das heißt, für die Auswahl von Antibiotika zur Behandlung zum Beispiel sind sie nicht hilfreich. Das steht so deutlich in der Leitlinie zur unterstützenden Gabe von Antibiotika in der Behandlung von Parodontitis von 2018, die auf Basis von wissenschaftlichen Daten und medizinischem Konsens verfasst wurde. Für die Hersteller der Tests ist das schmerzlich, aber das kann in diesem Fall kein Entscheidungskriterium sein.

Gibt es denn Fälle, wo die Tests sinnvoll sind?

Eickholz: Ja, aber nur in seltenen Ausnahmen. Zum Beispiel, wenn die Therapie einfach nicht anschlägt, obwohl man davon überzeugt ist, alles richtig gemacht zu haben: Der Patient putzt gut, die Zahnfleischtaschen wurden gründlich gereinigt und es liegen keine Allgemeinerkrankungen vor, die die Infektabwehr schwächen.

Oder, wenn man den Verdacht hegt, dass eine ganz bestimmte Unterart eines Bakteriums, das vor allem in West- und Nordafrika vorkommt, Auslöser der Parodontitis ist. In Europa wird dieses Bakterium allerdings extrem selten nachgewiesen.

Wenn solche Tests in den meisten Fällen die Behandlung nicht beeinflussen, warum werden sie dann noch in Praxen angeboten?

Eickholz: Zunächst einmal bin ich als Patient auf die Expertise des Zahnarztes angewiesen, zu dem ich gehe. Er hat also einen Vertrauensvorschuss. Bietet er mir so einen Test an, dann kann ich fragen: «Welchen Unterschied hinsichtlich der Therapie macht der Test?» Darauf muss der Zahnarzt eine Antwort geben können.

Ein Test, von dem therapeutisch nichts abhängt, nützt nichts. Wenn der Mediziner dann sagt: «Er hilft mir bei der Auswahl des Antibiotikums», dann kann man sich als Patient auf die Leitlinie von 2018 beziehen und anmerken, dass man dafür keinen mikrobiologischen Test brauche.

Ich selbst habe 25 Jahre lang bei schweren Fällen die Gabe von Antibiotika zusätzlich zur antiinfektiösen Parodontitis-Therapie, also der Taschenreinigung, vom Ergebnis mikrobiologischer Tests abhängig gemacht. Aber dieses Konzept ist überholt. Seit der Leitlinie von 2018, an der ich selbst mitgearbeitet habe, entscheiden wir nur noch nach klinischen Kriterien.

Aber: Diese Veränderungen sind relativ neu. Es dauert zumeist eine Weile, bis neue Leitlinienempfehlungen bei den niedergelassenen Kollegen ankommen. Neue Erkenntnisse und Entscheidungen nehmen oft einen langen Weg bis in die klinische Realität im Praxisalltag. Diese Zeitverzögerung zwischen der Veröffentlichung von Empfehlungen bis zur tatsächlichen Berücksichtigung in der täglichen Praxis erklärt, warum mikrobiologische Tests noch empfohlen werden.

ZUR PERSON: Prof. Peter Eickholz ist Direktor der Poliklinik für Parodontologie an der Uni Frankfurt am Main und hat zahlreiche Buch- und Zeitschriftenbeiträge zu Parodontologie verfasst.

Interview: Tom Nebe, dpa