Zwei kurze Zweige mit ein paar Blättern daran hält Svenja Fox in der Hand. An dem einen blaue Beeren, am anderen roten. Worum es sich dabei handelt, will die Pädagogin von den acht Juniorrangern und Juniorrangerinnen wissen, mit denen sie an diesem Tag im Nationalpark Schwarzwald unterwegs ist.
Antwort eins ist leicht: Heidelbeeren. Echte Schwarzwälder erkennen die sofort, sagt Fox. So wissen die Jungen und Mädchen auch einiges über die Früchte: «Sie sind wichtig für den Auerhahn», sagt Klara. Und kämen da vor, wo viel Sonne scheint.
In kleinen Gruppen Natur und Tiere kennenlernen
Kinder von fünf bis zwölf Jahren können im Nationalpark Juniorranger sein. Das Angebot gab es schon, bevor der Nationalpark 2014 gegründet wurde, wie Fox berichtet. In kleinen Gruppen lernen sie Grundlegendes über die Natur und Tiere. Später geht es dann unter anderem um Ökologie, warum es den Nationalpark gibt und wie man sich mit Karte und Kompass orientiert. Die Treffen finden freitagnachmittags statt und kosten nichts, weil Bildungsarbeit im Nationalparkgesetz verankert ist. Ab und zu finden auch Ausflüge mit Übernachtung statt.
Die Rucksäcke der Jungen und Mädchen sind mit Essen und Trinken gefüllt, mit Schlafsachen und Zahnpasta. Auch Taschenmesser haben manche dabei und schnitzen sich unterwegs Äste zu Transportmitteln zurecht. Wandersocken empfiehlt Nele, Lea eine Stirnlampe für die Nacht. Isomatten und Rucksäcke werden ihnen bis kurz vors Ziel gefahren. Trotzdem stöhnt der eine oder andere über den Fußmarsch.
Dabei haben sich die Betreuer Nicolas Ebert und Nina Rosenlicht mehrere Programmpunkte für die Wanderung überlegt: Mal geht es darum, seine Sinne zu schärfen und Veränderungen bei anderen zu bemerken. Mal ruft Ebert, der für ein Freiwilliges Ökologisches Jahr aus den USA in den Schwarzwald gekommen ist, zur «Schokomeditation»: Alle verteilen sich weit im Gras, lassen ein Stück Schokolade im Mund schmelzen und lauschen der Natur. Es wird mucksmäuschenstill, nur der Wind rauscht, ein Vogel zilpt, ein paar Insekten schwirren umher, ein Flugzeug dröhnt in der Ferne. Und dann kommt eine Spaziergängerin und sagt mitten in die Ruhe: «Wie so Skulpturen sitzt ihr hier rum.»
Juniorranger-Programme in fast allen Bundesländern
Landschaften, Lebensräume und Arten sowie die Bedeutung der biologischen Vielfalt kennenzulernen, ist ein Ziel des bundesweiten Juniorranger-Programms. Neben Abenteuer, Spiel und Spaß gehe es auch darum, den Zusammenhang zwischen Lebensstil und Natur zu verstehen, den Einfluss auf das Klima, den ökologischen Fußabdruck. 2008 hat unter anderem der Verein Nationale Naturlandschaften das Juniorranger-Programm auf die Beine gestellt. In fast allen Bundesländern gibt es solche Angebote.
Juniorrangerin Lea selbst würde Kindern einen Ausflug in die Natur empfehlen, die sonst lieber zu Hause am Computer zocken, wie sie sagt: «Es ist cool, in der Gruppe die Natur zu erforschen.» Der Nationalpark führt sogar eine Warteliste für die Juniorranger – so groß ist die Nachfrage.
Steigendes Interesse in Zeiten, in denen Artenschutz und Klimawandel überall Thema sind, haben auch Anbieter anderer Naturschutzaktivitäten festgestellt. So berichtet die Landesgeschäftsführerin der BUND-Jugend Baden-Württemberg, Sabine Renelt, dass mehr Kinder an dem Wettbewerb «Naturtagebuch» teilnehmen. Dabei könnten sie zum Beispiel einen Bach oder Baum vor der Haustür beobachten und darüber Tagebuch führen. «Wir haben auch Gipsabdrücke von Wildschweinspuren bekommen, andere haben Schneckenhäuser gemalt.»
Mehr erfahren über Auerhühner und Heidelbeeren
Während ihrer Schwarzwald-Tour können die Kinder im Nationalpark ganz nebenbei viel über den richtigen Umgang mit der Natur lernen. Hin und wieder ermahnt Begleiter Ebert andere Wanderer: dass sie ihren Hund an die Leine nehmen, dass sie nicht zu viele Heidelbeeren pflücken, damit die vom Aussterben bedrohten Auerhühner genug zu fressen haben.
Bei der Fragerunde zu den Beeren bekommen sie noch die Auflösung: Bei den roten handelt es sich um Preiselbeeren. Die Jungen und Mädchen dürfen testen, wie unterschiedlich die Blätter sich anfühlen und natürlich auch, wie die Beeren schmecken. Fox erklärt zudem, dass Preiselbeeren anders als Heidelbeeren im Winter die Blätter nicht abwerfen, weil sie mehr Zucker quasi als Frostschutzmittel enthalten.
Das sei ein Thema, das sie auch bei Touren mit Erwachsenen aufgreife, sagt Fox. Etwa wenn sie mit Finanzbeamten im Schwarzwald unterwegs ist. «Dabei geht es um verschiedene Strategien, mit Stress umzugehen, um Resilienz», sagt sie. «Eine gute Anknüpfung an die Natur.»
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