Nicht schmatzen, nicht schlürfen, nicht mit den Händen essen – für die meisten Erwachsenen ist das selbstverständlich, Kinder müssen Tischmanieren erst lernen. Dabei geht es heute weniger streng zu als in früheren Zeiten, berichtet Heidemarie Arnhold vom Arbeitskreis Neue Erziehung in Berlin. Zudem würden die Tischsitten je nach Familie variieren. «Sie hängen vom Kulturkreis und der sozialen Gruppe ab», sagt sie.
Und von der jeweiligen Umgebung. Klar können beim Schnellimbiss die Pommes in den Ketchup getunkt und die Hühnchenteile in die Hand genommen werden. Bei Omas 70. Geburtstag im feinen Restaurant fiele ein Kind mit diesem Verhalten dagegen wohl unangenehm auf.
Die Kinder sollten also lernen, dass in verschiedenen Situationen unterschiedliche Regeln gelten. «Mit den für die jeweilige Situation angemessenen Tischmanieren zeigt man seinem Gegenüber Achtung», erklärt die Fachfrau den Hintergrund der Regeln bei Tisch. «Wenn man sich unpassend benimmt, ist das eine Missachtung», schiebt sie hinterher.
Mit Beginn fester Nahrung spielerisch erste Regeln einführen
Bereits wenn die Kinder anfangen, feste Nahrung zu sich zu nehmen, können die Eltern langsam die ersten Regeln einführen. «Da braucht man ein bisschen Geduld, denn Kinder in dem Alter lieben es, mit der Hand zu essen und zu panschen», warnt Arnhold vor. Aber es ist auch das Alter, in dem Kinder gerne nachmachen. Spielerisch können nach und nach die Regeln zu Tisch eingeführt werden, wie zum Beispiel das vorherige Händewaschen oder das Kauen mit geschlossenem Mund.
Wie schnell die Kleinen mit Messer, Gabel und Löffel umgehen können – hier empfiehlt sich der Kauf von speziellem Kinderbesteck -, ist unterschiedlich. Dies hängt auch von ihrer Feinmotorik ab. Auf jeden Fall sollte das Kind gelobt werden, wenn es seine Sache gut gemacht hat, so lernen die Kleinen meist zügig.
Wird Essen am Tisch zelebriert oder auf der Couch «gefuttert»?
Die Eltern sollten sich zudem Gedanken machen, auf welche Manieren sie Wert legen. Allen voran steht dabei die Frage, welche Bedeutung das gemeinsame Essen für die Familie hat. Wird es gerne zelebriert etwa mit einem schön gedeckten Tisch und die Zeit genutzt, um sich zu unterhalten? Oder findet das Abendessen auf der Couch vor dem Fernseher statt? Im letzteren Fall dürfte es für die Eltern kein Problem sein, wenn das Kind mittendrin aufsteht oder mit etwas spielt.
Beim gemeinsamen Essen am Tisch sollten die Eltern jedoch entsprechende Regeln aufstellen. Wird erst angefangen, wenn wir alle am Tisch sitzen? Bedient sich jeder selbst oder verteilt einer der Erwachsenen das Essen? Benutzen wir Servietten? Wie viel kommt auf den Teller? Wünschen wir uns «Guten Appetit»? Muss aufgegessen werden? Was passiert mit den Resten? Darf das Kind aufstehen, wenn es fertig mit dem Essen ist? Oder soll es warten, bis alle Teller leer sind?
Ellenbogen auf dem Tisch und «bäh»-Kommentare tabu
«Im Alter von etwa vier bis fünf Jahren können Kinder damit anfangen, am Tisch richtig zu sitzen und auch sitzenzubleiben», rät die Kniggeberaterin Gudrun Weichselgartner-Nopper aus Stuttgart. Sie sollten lernen, aufrecht zu sitzen, dazu sollte der Stuhl so hingestellt werden, dass sich die Kleinen anlehnen können. Auch sollten sie nicht den Ellenbogen, sondern nur das Handgelenk auf dem Tisch platzieren.
«Das Essen sollte nicht nur als Nahrungsaufnahme begriffen werden, sondern man sollte sich Zeit nehmen», appelliert sie an die Eltern. Ihrer Meinung nach sollten Kinder mit dem Essen nicht spielen dürfen, dies habe etwas mit der Wertschätzung der Nahrung zu tun. Auch können Kinder lernen, dass man ungeliebte Speisen nicht als «eklig» oder mit «bäh» bezeichnet und sie unbekannte Lebensmittel wenigstens einmal probieren.
Alle Erziehungsversuche nutzen jedoch wenig, wenn die Eltern die Regeln selbst nicht einhalten. «Kinder lernen durch Vorbilder. Eltern sollten darauf achten, ein gutes Vorbild zu sein», erklärt Arnhold. Wer zum Beispiel beim Essen auf dem Handy tippt, das Messer ableckt oder quer über den Tisch greift, kann von seinem Nachwuchs nichts anderes erwarten.
Keine Tischmanieren daheim? Regeln üben fürs Auswärtsessen
Wenn zu Hause keinen oder nur wenig Wert auf Tischmanieren gelegt wird, sollte dem Kind beigebracht werden, dass in der Öffentlichkeit andere Regeln gelten, empfiehlt die Erziehungsexpertin aus Berlin. «Spätestens wenn es in einem Restaurant oder bei einer Familienfeier wie einer Hochzeit dabei ist, sollte es gelernt haben, die dort geltenden Regeln einzuhalten», sagt Arnhold.
Den Kindern kann ab einem bestimmten Alter vorab zum Beispiel erklärt werden, von welcher Seite die Kellner die Getränke einschenken, dass es verschiedene Bestecke und Gläser gibt, die entsprechend auf dem Tisch angeordnet werden. Dass man erst mit dem Essen anfängt, wenn alle am Tisch bedient wurden und es eine Bedeutung für den Kellner hat, wie der Gast sein Besteck auf dem Teller platziert. Zu Hause kann zum Beispiel geübt werden, wie man eine Serviette richtig auf dem Schoß platziert. Auch Videos aus dem Internet können beim Lernen helfen.
Schwer fällt den Kindern häufig das Stillsitzen, etwa im Restaurant. Denn während sich Erwachsene nach dem Essen gerne noch länger unterhalten, langweilen sich die Kleinen. Die Berlinerin schlägt daher vor, vorab mit den Kindern darüber zu sprechen und dann Verabredungen zu treffen – zum Beispiel, dass man nach dem Essen zusammen Karten spielt oder sich ein Buch ansieht. Oder die Eltern suchen ein Restaurant mit Spielecke aus, sodass die Kleinen sich dort vergnügen können.
Arnhold rät generell dazu, sich beim Thema Tischmanieren nicht unnötig unter Stress zu setzen. «Früher oder später lernt das Kind es schon», sagt sie und fügt scherzend hinzu: «Spätestens beim Eintritt in das Berufsleben möchte sich keiner danebenbenehmen, sondern es richtig machen.»
In Restaurants gilt die Sprache des Bestecks
Die Position des Bestecks auf dem Teller hat in Restaurants für Gast und Kellner eine große Bedeutung. Um die allgemeingültige Bestecksprache zu verstehen, solle man sich den Teller wie eine Uhr vorstellen mit dem Messer und der Gabel als Zeiger, rät der Restaurantführer Bookatable. So bedeutet die Stellung «20 nach 4», bei der beide Besteckteile mit den Griffen nach unten auf der entsprechenden Position der rechten Tellerseite liegen, dass der Gast mit dem Essen fertig ist – der Kellner kann also abräumen.
Hat es geschmeckt? Dann legen Sie Besteck parallel auf «5 nach halb 7»
«20 nach 8» bedeutet dagegen, dass der Gast nur Pause macht – dabei liegen Messer und Gabel in einem Dreieck. Wem es besonders gut geschmeckt hat, kann das auch mit dem Besteck ausdrücken: Dieses wird parallel zueinander mit den Griffen nach unten auf «5 nach halb 7» gelegt. Gleichzeitig wird natürlich auch ausgedrückt, dass abgeräumt werden kann. Wem es dagegen weniger gemundet hat, kann mit Messer und Gabel ein Dreieck bilden, bei dem sich Klinge und Zinken in der Mitte bei «7:40 Uhr» treffen.
Bei den Getränken können die Gäste in einigen Lokalitäten mithilfe von Löffel und Bierdeckel dem Kellner Hinweise geben. Wer in den rheinländischen Brauhäusern eine Runde aussetzen will, sollte den Deckel auf seinem Glas platzieren. In vielen Restaurants mit orientalischer Küche wird der Teelöffel auf dem leeren Teeglas platziert, wenn nicht mehr nachgeschenkt werden soll.
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