Wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint: Dann kommt der Strom immer häufiger aus Batterien. An vielen Orten in Deutschland entstehen gerade große Batteriespeicher, die den Ökostrom von Solaranlagen oder Windkraftanlagen für einige Stunden aufnehmen. Einen besonders großen Speicher baut das auf Batteriespeicher spezialisierte Unternehmen Eco Stor in den kommenden Jahren in Trossingen in Baden-Württemberg, wie am Dienstag bekanntgegeben wurde.
Diese Batteriegroßspeicher spielten lange Zeit kaum eine Rolle – nun gelten sie manchen als ein Schlüssel der Energiewende. Denn ein zunehmender Anteil des Stroms kommt aus erneuerbaren Energien; im ersten Halbjahr lag ihr Anteil an der Nettostromerzeugung laut Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE schon bei 65 Prozent. In Zeiten von Dunkelheit oder Windflaute können diese Großspeicher den Strom ins Netz zurückspeisen. Dabei können sie in Sekundenbruchteilen reagieren und weisen eine hohe Effizienz von 80 bis 90 Prozent auf.
Mit Speichern lässt sich einfach Geld verdienen
Derzeit haben die Großspeicher in Deutschland eine Kapazität von 1,8 Gigawattstunden (GWh), wie aus den Battery Charts der RWTH Aachen hervorgeht. Eco Stor errichtet gerade 238 Megawattstunden im schleswig-holsteinischen Bollingstedt und in wenigen Wochen ist Baustart für einen gleich großen Speicher nebenan in Schuby. Insgesamt hat das Unternehmen mehr als zwei Gigawattstunden in der Pipeline – allein damit dürfte sich die Großspeicherkapazität in Deutschland demnächst verdoppeln.
Auch der Volkswagen-Konzern hat geplant, in diesem Jahr mit dem Bau eines 700-Megawattstunden-Speicherprojekts zu starten. Weitere Großspeicher werden unter anderem von den Energieversorgern RWE, LEAG, EnBW sowie dem von Total Energies übernommenen Unternehmen Kyon Energy geplant oder schon gebaut. Meistens setzen die Firmen dabei auf Lithium-Ionen-Batterien – wie in Elektroautos.
Dass sich derzeit so viele Unternehmen für Batteriespeicher interessieren, hängt Fachleuten zufolge damit zusammen, dass sich diese mittlerweile ziemlich günstig errichten lassen – und sich somit viel Geld verdienen lässt. «Bei Lithium-Ionen-Batterien gab es eine große Kostenreduktion», sagt Gunnar Wrede vom Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft. «Vor zehn Jahren hat alleine die Batterie das drei- bis vierfache pro Kilowattstunde gekostet.» Der Preisverfall verlief rasanter als in vielen Szenarien angenommen.
Mit den Batterien lässt sich der Strom an der Börse günstig kaufen, etwa mittags, wenn die Solarparks maximal arbeiten, und später am Abend, wenn der Börsenstrompreis hoch liegt, wieder verkaufen. So rechnen sich die Stromspeicher oft auch ohne Förderung. Wrede weist außerdem darauf hin, dass die Stromspeicherbetreiber oft nicht mehr zusätzliche Netzentgelte bezahlen müssen. Auch bei Umlagen werden Batterien begünstigt und Stromsteuer wird nicht erhoben.
Schnell erbaut, schnell refinanziert
Im Vergleich mit Pumpspeichern, die Wasser nach oben pumpen, um bei Bedarf Strom zu erzeugen, haben Batterien noch einen weiteren großen Vorteil: Die Planungsverfahren sind weniger komplex und lang – und sie müssen auch nicht jahrzehntelang betrieben werden, ehe sie sich refinanzieren. Die Container, in denen sich die Batterien befinden, sind vorproduziert und werden schlüsselfertig geliefert. Nur das Fundament müssen die Betreiber selbst bauen. Und ein starker Stromanschluss ist nötig, weswegen die großen Energieunternehmen auch auf alte Kraftwerksstandorte setzen, etwa auslaufende Kohle- und Atomkraftwerke.
Dirk Uwe Sauer, der den Lehrstuhl für Elektrochemische Energiewandlung und Speichersystemtechnik an der RWTH Aachen innehat, rechnet in wenigen Jahren mit mindestens zehn Gigawatt an zusätzlicher Batterieleistung für Lieferzeiten zwischen einer und vier Stunden.
Was noch obendrauf kommt: Speicher an Solarparks, in denen deren Strom erst einmal zwischengespeichert wird. «So können wir die Einspeisung schieben», erklärt Rashid Elshahed, EnBW-Konzernpressesprecher Erneuerbare Energien. «Da die Strompreise so schwanken, ist das viel wirtschaftlicher.» Einer Studie des Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE zufolge können die Photovoltaik-Batterie-Kombis der Unternehmen mittlerweile günstiger Strom produzieren als Kohle- und Gaskraftwerke.
Noch viel Luft nach oben
Doch reichen die jetzt geplanten Projekte? Das Fraunhofer ISE geht davon aus, dass Deutschland bis zum Jahr 2045 ganze 180 GWh an zentralen und dezentralen elektrischen Speichern benötigt – und selbst damit könnte der deutsche Strombedarf an einem durchschnittlichen Wintertag nur für einen halben Tag aus Stromspeichern gedeckt werden.
Auch die Bundesnetzagentur nimmt in ihrem Netzentwicklungsplan an, dass in dem genannten Zeitraum bis zu 113 GWh Photovoltaik-Batteriespeicher und 55 GWh Großbatteriespeicher installiert sein könnten. Wichtig sei dabei vor allem mehr Flexibilität und der systemdienliche Einsatz auch von Kleinspeichern, sagt Markus Doll, Leiter Netze und Anlagen bei der Bundesnetzagentur. Solche Kleinspeicher sind etwa an Photovoltaik-Anlagen an Häusern installiert. Die Kapazität dieser Heimspeicher liegt laut den Battery-Charts schon jetzt weit über den Großspeichern, nämlich zusammen bei 12,6 GWh.
E-Autos könnten zentrale Rolle spielen
Auch Hochschulprofessor Sauer sieht in dieser Flexibilität einen Schlüssel. «Man könnte Verbraucher hoch- und runterfahren, zum Beispiel die Elektrofahrzeugflotte», sagt er. Bisher ermöglichen aber nur sehr wenige Fahrzeuge und Hausanschlüsse diese Option. Dabei hätten allein die E-Autos ein gewaltiges Potenzial: Gäbe es 20 Millionen Elektroautos mit jeweils einer 60-kWh-Batterie, brächten sie zusammengenommen 1200 GWh Kapazität, die bis 60 GW Leistung bereitstellen könnten. «Bei diesen Autos könnte man täglich rund 20 Prozent rein- und rausladen, ohne dass die Batterie ernsthaft altert, und das ist mehr, als ein Durchschnittshaushalt verbraucht.»
Der Vorteil an diesen dezentralen Lösungen: Die Speicher stehen schon dort, wo der Strom gebraucht wird. «Ein zentraler Gigawattspeicher hilft nichts, wenn es Netzengpässe gibt und man den Strom nicht zu den Haushalten bringt», sagt Sauer. Aber um diese lokalen Speicher und Autos nutzen zu können, fehle noch viel Digitalisierung, etwa in Form von Smart-Metern für die Erfassung von Leistungsflüssen und Preisen. «Prinzipiell aber ginge das und wird in Pilotanlagen auch schon gezeigt.»
Als Zwischenlösung findet Sauer diese Großspeicher okay. Diese hielten ohnehin nur zehn bis zwanzig Jahre. Bis dahin habe sich die Digitalisierung hoffentlich durchgesetzt, dann könnte man alle Flexibilität nutzen. «Ich würde mir wünschen, dass wir diese Posten, die wir schon haben, auch nutzen. Batterien gehen auch kaputt, wenn sie nur rumstehen.»
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