22. November 2024

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Ziege und Avocado: Mit besonderen Kreationen ins Rennen

Giuseppe Cimino zeigt in seiner Eisdiele ein von ihm kreiertes Avocado-Physalis Sorbet, mit dem er bei der Eismacher Weltmeisterschaft Anfang Dezember 2021 in Bologna teil nehmen will. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Uli Deck/dpa)

Das zart orange-gelbe Eis schmilzt zitronig auf den Lippen, dockt dann cremig-frisch am Gaumen an, schmeckt nach Minze und irgendwie auch mangoartig und endet mit Avocadonote im Abgang. Mango? Nein, es ist die Andenbeere Physalis, die dem Physalis-Avocado-Sorbet Sommerfarbe und fruchtigen Geschmack verleiht.

Eine ungewöhnliche Kreation hat sich Giuseppe Cimino, Eismacher aus dem baden-württembergischen Rastatt, vor einigen Jahren ausgedacht, damit 2018 die Deutsche Meisterschaft in Berlin gewonnen und sich dadurch gleichzeitig für die Eis-Weltmeisterschaft Anfang Dezember in Bologna qualifiziert.

Zwei Deutsche im Rennen um den Weltmeistertitel

Lecker sieht auch die Eisschöpfung «Edelweiß Ziegenjoghurt» von Eismacherin Claudia Trotta aus Wernigerode im Harz aus. Sie hatte 2019 damit die Deutsche Meisterschaft gewonnen: Es handelt sich um eine sahnige Kreation, die mit Soßen aus kandierter Mandarine, Heidelbeeren aus der Region und kaltgepresster Schokolade verfeinert wird, wie die 50-Jährige erzählt.

2020 fiel der Wettbewerb aus – sonst könnten jetzt gleich drei Eismacher oder Eismacherinnen aus Deutschland nach Bologna fahren. Insgesamt wetteifern auf der WM nach Angaben der Veranstalter 33 Eismacher um den Titel.

Die Vorbereitungen stehen

Die Konkurrenz sei groß, sagen beide unisono. «Aber ich habe meine Hausaufgaben gemacht, bin gut vorbereitet», erzählt Cimino. Er übt kurz vor der WM nochmal, rührt in einem großem Metalleimer sorgsam einen orangefarbenen Physalis-Wasserbrei um, gibt «Bio-Minze aus Papas Garten» sowie halbierte und zuvor gesalzene Avocados hinzu. Das Mengenverhältnis ist geheim, die genaue Würzung – auch Limettenschale kommt zum Einsatz – ebenfalls.

Trotta hat ihre aufwendigen Soßen schon mal nach Bologna vorgeschickt, nur den Ziegenjoghurt und den griechischen Joghurt bringt sie bei der Anreise mit.

Liebling der Deutschen: Eis wie im Italienurlaub

«Deutsche lieben Eis», sagt Annalisa Carnio vom Verband Uniteis, dem Bundesverband der italienischen Speiseeishersteller. Vor allem Eis nach italienischer Tradition stehe in Deutschland hoch im Kurs. Ihren Angaben zufolge haben hierzulande rund 3300 Eisdielen eine eigene Eis-Produktion. Weitere rund 6000 seien Filialen dieser eisherstellenden Betriebe oder bezögen ihr Eis von einem Betrieb, der selbst herstellt.

Nach Branchendaten des Bundesverbandes der Deutschen Süßwarenindustrie (BDSI) schleckte jeder Deutsche im vergangenen Jahr rund acht Liter Speiseeis – davon etwa einen Liter Eisdieleneis. Umsatzzahlen für Eisdieleneis gibt es nicht.

Auch Cimino gibt keine Umsatzzahlen preis – aber die Geschäfte laufen nach seinen Angaben gut. Schon oft waren seine Brüder und er medial präsent: mit Hundeeis etwa oder zu Beginn der Pandemie erdachten Klopapier-Eistorten. Cimino versucht, sich immer auf den jeweiligen Zeitgeist und die herrschenden Trends einzustellen. Pro Saison entwickelt er bis zu neun Eissorten neu und auch Trotta probiert ständig Neues aus.

Wettbewerbssorten kommen bei heimischen Kunden gut an

Trotta und Cimino haben einige Zeit am perfekten Rezept getüftelt. Die beiden Sorten, mit denen sie in Bologna die Jury überzeugen wollen, kommen bei ihren Kunden sehr gut an. Mit Avocado wollte er schon immer mal was machen, sagt Cimino. Schließlich wird die Frucht überall gehypt als gesund, reich an ungesättigten Fettsäuren und Vitaminen.

«Beim Wort «Ziegenjoghurt» sind manche zunächst skeptisch», erzählt Trotta. «Aber wenn sie das Eis dann probieren, finden sie es toll.»

Den Ausbildungsberuf «Fachkraft für Speiseeis» gibt es nach Informationen des Baden-Württembergischen Handwerkstags seit 2019 nicht mehr, aber das spielt weder für Cimino noch Trotta eine Rolle.

Cimino, gelernter Industriemechaniker, hat das Eismachen trotzdem von der Pike auf gelernt, von seinem Vater und der wiederum von seinem Großvater. Um ein gutes Eis zu machen, brauche man «Erfahrung, Erfahrung, Erfahrung», sagt er. «Und gute Zutaten.» Konkurrentin Trotta stellt erst seit sechs Jahren Eis alleine her – vorher hatte sie sich das ganze Know-how bei ihrem Mann 20 Jahre lang abgeschaut.

Vor der Jury zählt nicht nur der Geschmack

Eine achtköpfige Jury wird ihre Kreationen bald in Bologna begutachten: Bewertet werden neben dem Geschmack auch Farbe, Konsistenz und Geschmeidigkeit. Schade nur, dass Ciminos eigentlich typisches Sommereis nun im Winter verkostet wird. «Das ist für mich ein Nachteil», glaubt er. Trotta findet, dass man «Edelweiß Ziegenjoghurt» das ganze Jahr über essen kann und hofft, dass die Jury das genauso sieht.

Eigentlich sollte die WM deutlich früher stattfinden, wurde wegen Corona aber verschoben und schließlich auch noch von Florenz nach Bologna verlegt. Apropos Corona – es ist theoretisch denkbar, dass deswegen mal wieder alles ins Wasser fällt. «Hoffentlich nicht», sagt Cimino.

Von Anika von Greve-Dierfeld (Text) und Uli Deck (Foto und Video),
dpa