Wenn Katie Gollbach den silbernen Shaker mit beiden Händen umfasst, in die Höhe reckt und schüttelt, wirkt die 42-Jährige, als hätte sie nie etwas anderes gemacht als Cocktails zu mixen.
Dabei hat die US-Amerikanerin, die in Petershagen-Eggersdorf (Märkisch-Oderland) lebt, in ihrer Heimat eigentlich Musik studiert, um beruflich als Konzertmusikerin mit ihrem Waldhorn durchzustarten.
Aber wer in Chicago aufwächst und als Studentin in Bars jobbt, der kommt an der hochprozentigen Geschichte der Stadt nicht einfach so vorbei. Und das hängt mit der Prohibition zusammen: Von 1920 bis 1933 waren Herstellung, Transport und Verkauf von Alkohol in den Vereinigten Staaten verboten. «Die Leute waren damit natürlich nicht glücklich und die illegale Produktion boomte.
Zudem entstanden geheime Kneipen, die Speakeasies, in denen dieser Alkohol ausgeschenkt wurde», erzählt Gollbach. Da der selbstgebrannte Schnaps meist scheußlich geschmeckt habe, sei versucht worden, ihn mit Zucker, Sirup, Zitronensaft oder Grenadine bekömmlicher zu machen. «Und so entstanden damals viele Cocktails, die heute Klassiker sind», sagt die 42-Jährige.
Cocktails frei Haus und auf Bestellung
Ihre Leidenschaft hat sie in Deutschland zum Beruf gemacht: Sie liefert ihre Cocktails als mobile Barkeeperin frei Haus und auf Bestellung. «Chicago underground», hat Gollbach ihr Geschäft passenderweise genannt. Am liebsten mixt sie Cocktails mit Gin. «Das ist immer spannend, weil tatsächlich jeder Gin anders schmeckt.
Doch auch Rezepturen mit Rum werden wieder stärker nachgefragt», erzählt sie. An die 100 Cocktails, so schätzt sie, kann sie auf Anhieb mixen. «Ich weiß nie, welcher an dem Abend besonders gut geht. Da gibt es durchaus Überraschungen, wenn beispielsweise eine Fußballmannschaft total auf Piña Colada steht.»
Ihren deutschen Mann Thomas, einen Piloten, hat sie vor einigen Jahren in Irland kennen gelernt und war ihm zunächst nach Frankfurt/Main gefolgt. «Auf einer Party bei Freunden dort gab es einen mobilen Barkeeper. Der agierte allerdings nicht besonders professionell.» Die 42-Jährige fand die Idee allerdings gut und startete 2015 selbst mit ihrem rollenden Cocktail-Service. «Ich habe auf dem Nürburgring gemixt, aber auch im Seniorenheim, und ich habe alkoholfreie Cocktailkurse für Kinder gegeben.»
Jeder Barkeeper kreiert seine eigenen Cocktails
Mobile Barkeeper gebe es deutschlandweit seit langem, sagt Ulf Neuhaus, Geschäftsführer der Deutschen Barkeeper-Union, die rund 700 Berufskollegen und -kolleginnen vereint. «Das fing vor Jahren an mit Kollegen, die sich keine eigene Bar leisten konnten. Inzwischen ist die Nachfrage tatsächlich sehr hoch», erklärt er.
Cocktails gebe es unendlich viele, so der Fachmann. «Jeder Barkeeper kreiert seine eigenen.» Der aktuelle Trend gehe hin zu alkoholfreien Spirituosen, die genau genommen gar keine Spirituosen seien: «Es gibt mittlerweile schon alkoholfreien Gin, Rum oder Whiskey», sagt Neuhaus.
Alkoholfreie Cocktails seien bei ihr nicht so gefragt, meint hingegen Barkeeperin Gollbach. Die wahre Kunst bestehe darin, beim Mixen eine Balance zu finden, damit keine Zutat vordergründig herausschmecke – auch der Alkohol nicht. Sie experimentiert gern. Ob Süßes in Kombination mit scharfen Zutaten oder mit Kräutern: Basilikum, Rosmarin oder Thymian als Würze im Cocktail sind nach Gollbachs Beobachtungen nach schwer angesagt.
Cocktailservice im Berliner Speckgürtel
Seit zwei Jahren bietet die Amerikanerin ihren Cocktailservice im Berliner Speckgürtel an, ist sowohl in Brandenburg als auch in der Hauptstadt zu Firmenfeiern, Hochzeiten oder Familienevents unterwegs. Gelernt hat sie das Cocktailmixen quasi nebenbei. «In meiner Heimat lernst Du das, in dem du dich vom Tellerwäscher quasi hocharbeitest.»
In Deutschland kann das Barmixen nach Informationen des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbandes (DEHOGA) als Weiterbildungsberuf mit IHK-Abschluss erlernt werden. In Voll- oder Teilzeitunterricht vermitteln sogenannte Barschulen demnach die Kunst der Mischgetränke – inklusive Waren- und Getränkelehre sowie Cocktailkunde. Voraussetzung ist eine abgeschlossene Berufsausbildung in der Gastronomie.
Workshops und Kurse – auch für Erwachsene – will Gollbach auch in ihrer neuen Heimat Petershagen-Eggersdorf anbieten. Eine alte Werkstatt auf dem Familiengrundstück hat sie zu einer Bar umgestaltet – mit hölzernem Tresen, großem Tisch, Sideboard und Klavier im Stil der 1920er Jahre, in Anlehnung an die Zeit der Prohibition.
Barkeeperin hat ihre vier Bars selbst gebaut
«Handwerken ist mein größtes Hobby», sagt sie stolz. So hat Gollbach auch die vier Bars gebaut, mit denen die mobile Barkeeperin zu ihren Kunden fährt und die sich mit wenigen Handgriffen aufstellen lassen: Die Variante in Massivholz erinnert an einen «Irish Pub», aus weißem Leder mit LED-Lichtern ist die elegante Bar, die Retro-Bar ist aus Glas und Metall.
Und der Original-Flugzeug-Trolley von British Airways passt in die winzigste Wohnzimmerecke. Gollbach serviert Cocktails dann passend als Stewardess gekleidet. Mit im Gepäck hat sie nicht nur die Cocktailzutaten, sondern auch die passenden Gläser. In Planung hat sie eine Tikki-Bar im Hawaii-Stil, der vor allem bei Sommerpartys im Freien gefragt ist.
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