Ramadan bedeutet: nichts essen, nichts trinken zwischen Sonnenaufgang und Sonnenuntergang. Zwar sind Muslime mit Erkrankungen von der Pflicht zum Fasten ausgenommen, dazu zählen Diabetikerinnen und Diabetiker. Vielen von ihnen ist es dennoch ein Anliegen, mitzufasten. Was müssen sie dabei beachten?
Die Ernährungswissenschaftlerin und Epidemiologin Ina Danquah ist Vorsitzende der AG «Diabetes und Migration» der Deutschen Diabetes Gesellschaft – und gibt im Interview Antworten.
Frage: Was macht das Fasten im Ramadan mit dem Blutzuckerspiegel – und was kann das für Diabetikerinnen und Diabetiker bedeuten?
Ina Danquah: Die Herausforderung ist, dass sich der Essensrhythmus im Fastenmonat Ramadan im Prinzip umdreht. Normalerweise essen wir tagsüber, gehen abends ins Bett – der Körper fastet also, während wir schlafen.
Doch beim Ramadan wird die letzte Mahlzeit vor Sonnenaufgang eingenommen und die erste Mahlzeit erst wieder nach Sonnenuntergang. Und schlafen muss man ja auch noch.
Menschen mit Diabetes müssen durch diesen umgekehrten Rhythmus viele Dinge beachten: Medikamente passend dosieren, auch zeitlich über den Tag verteilt. Und natürlich: vermehrt den eigenen Blutzucker messen
Frage: Diabetes ist ja nicht Diabetes, was man allein schon an der Unterscheidung zwischen Typ-1 und Typ-2 sieht. Aus medizinischer Sicht: Für wen birgt das Fasten ein größeres Risiko, für wen ist es geringer?
Danquah: Es gibt unterschiedliche Arbeitsgruppen, die sich mit dieser Frage beschäftigt haben, auch in der Deutschen Diabetes Gesellschaft. Sie haben Leitlinien herausgegeben, um Personen mit Diabetes in unterschiedliche Risikogruppen einzuteilen. Das hängt zum Beispiel davon ab, wie lange der Diabetes schon besteht, um welchen Typ es geht und wie hoch Risiken für Komplikationserkrankungen sind.
Angenommen, wir haben einen Patienten mit Typ-1-Diabetes, der relativ schlecht eingestellt ist. Das heißt: Sein Blutzuckerwert wird regelmäßig überschritten oder unterschritten – Hyperglykämie bzw. Hypoglykämie heißt das in der Medizin. Vor allem, wenn schon Komplikationen aufgetreten sind, dann fällt dieser Mensch in die Gruppe mit sehr hohem Risiko. Wenn er dennoch fasten möchte, sollte er gut aufgeklärt werden, welche Risiken das Fasten mit sich bringen kann und er sollte engmaschig betreut werden.
Generell ist bei Diabetes wichtig, sich frühzeitig mit dem Ramadan-Fasten zu beschäftigen und mit einem Arzt oder eine Ärztin darüber zu sprechen. Und auch anderes Gesundheitspersonal zurate zu ziehen, Ernährungsberater oder Diätassistentinnen etwa. Wichtig ist, dass das Gegenüber ein Grundverständnis für diese religiöse Praxis aufbringt. Er oder sie sollte also verstehen, warum einem das wichtig ist – und nicht versuchen, einem das direkt auszureden.
Frage: Was sind die wichtigsten Verhaltensregeln für Diabetikerinnen und Diabetiker, die im Ramadan fasten?
Danquah: Bei Menschen mit Typ-1-Diabetes hat sich bewährt, regelmäßig den Blutzucker zu messen, also einen sehr engmaschigen Überblick zu haben. Dabei können sogenannte Glukosemonitoring-Systeme helfen. Sie geben über einen Sensor Echtzeit-Informationen und lassen sich oft mit Apps verbinden, die dann eine Empfehlung geben, wie darauf zu reagieren ist.
Oft lassen sich diese Systeme sogar mit Insulinpumpen verknüpfen. So eine Automatisierung hilft Menschen mit Typ-1-Diabetes im Ramadan ungemein.
Für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist es sinnvoll, rechtzeitig mit dem behandelnden Arzt oder der Ärztin zu überlegen: Wie muss die Behandlung mit Medikamenten angepasst werden in der zeitlichen Abfolge, aber auch in der Dosierung? Denn: Wenn man tagsüber gar nicht isst und trinkt, dann müssen die Dosierungen von den sogenannten oralen Antidiabetika herabgesetzt werden.
Bei den Mahlzeiten im Ramadan gelten übrigens die gleichen Regeln, die sonst auch für Menschen mit Diabetes gelten: Es sollte eine vollwertige Ernährung mit komplexen Kohlenhydraten sein, pflanzenbasiert im Idealfall. So lassen sich Blutzuckerspitzen verhindern.
Aber es ist natürlich so, dass das Zuckerfest am Ende der Fastenzeit das genaue Gegenteil davon ist. Aber dann ist man ja sozusagen schon wieder im normalen Rhythmus und kann auch hier vorher ärztlich abklären lassen: Darf ich da über die Stränge schlagen, ohne dass das irgendwelche gesundheitliche Folgen nach sich zieht? Auch hier gibt es Möglichkeiten, das mithilfe von Medikamenten einzustellen.
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