Sie hat kräftig pinkfarbene Blütenblätter und einen fast schon würzigen Duft – gemeint ist die sogenannte Uckerose. Damit sie Geruch, Farbe und Geschmack an kulinarische Köstlichkeiten wie Gelee, Likör, Pralinen mit Rosenfüllung oder auch Honig abgibt, sei das regelmäßige Umrühren das A und O, verrät Elena von Gieck, während die Rosenblätter in einem großen Glasbehälter vor ihr förmlich tanzen.
«Das ist hier alles Handarbeit, dafür habe ich mich bewusst entschieden», erklärt die 57-Jährige, die im uckermärkischen Templin seit zwei Jahren ein Rosenlaboratorium betreibt.
Bis dahin war es für die gebürtige Kasachin ein langer Weg. Die gelernte Laborantin war 25 Jahre alt, als sie mit ihrer Familie als Spätaussiedlerin nach Deutschland kam. In Bayern schulte sie zur Industriekauffrau um und arbeitete 14 Jahre lang im Finanzwesen, wie sie erzählt. «Das war nicht erfüllend für mich, ich suchte nach einer neuen Herausforderung.» 2009 zog sie mit Mann und Kind in die Schorfheide nach Groß Schönebeck (Barnim), noch immer auf der Suche nach etwas Kreativem. Ein Abstecher nach Berlin bestätigte die 57-Jährige darin, dass die Großstadt nicht das richtige für sie sei: «Ich fühlte mich verloren.»
Duftende und schmackhafte Küchenrosen in Radekow
Vor zwei Jahren lief sie durch die kleinen mittelalterlichen Gassen von Templin und fühlte sich in einer Passage mit kleinen Innenhöfen plötzlich zu Hause. «Im Fernsehen sah ich einen Beitrag über die Bioland Rosenschule Uckermark in Radekow, direkt an der deutsch-polnischen Grenze. Konkret ging es um duftende und schmackhafte Küchenrosen, die Gastronomen dort kaufen», erinnert sie sich. Bei einem Besuch dort entdeckte von Gieck die Sorte «Roseraie de l`hay», die sie fortan als «Uckerose» in ihrem Laboratorium verwendete. «Es ist keine Edelrose, sondern eine Züchtung aus einer Wildrose – tief verwurzelt und bodenständig», beschreibt sie. Ihr Anspruch: Geruch, Geschmack und Farbe werden direkt aus den Blüten herausgefiltert, eingelegt in Alkohol oder Apfelessig. «Das Wesen der Blüten fließt in das Produkt. So etwas kann man nicht künstlich nachmachen», ist sie überzeugt.
In den beiden Corona-Jahren hatte von Gieck genügend Zeit, mit den Rosenblüten zu experimentieren. Erstes Ergebnis war demnach ein Elixier als Grundlage eines Rosenlikörs. Bis zu sechs Monate lang reift er in großen Edelstahlbehältern. Die Blüten, so ihre Erfahrung, müssen frisch verarbeitet werden. Um sie länger haltbar zu machen, kommen sie bei der 57-Jährigen in den Tiefkühler. Sie braucht viele Blüten. Und dafür ist sie mehrfach von Ende Mai bis in den Herbst in der Rosenschule in Radekow, um zu ernten. Und das von morgens bis mittags, denn danach, so erklärt sie, würden die Blüten ihren Duft verschließen.
«Um mein Rosenmus herzustellen, püriere ich unzählige Blüten. Der Geschmack ist dann sehr intensiv, das Mus vielfältig verwendbar», erklärt die Wahl-Templinerin. Beispielsweise passt es offenbar gut zu Weich- oder Ziegenkäse. Was die Rosenliebhaberin kulinarisch kreiert, testet sie unter dem Motto «Genieße mit allen Sinnen» in ihrem gegenüberliegenden Bistro. Flammkuchen mit Rosenmus, frischen Äpfen und gerösteten Mandeln – das steht unter anderem auf der Speisekarte. «Uckerosenspritz» in Anlehnung an den Klassiker «Aperol Spritz» bekommen Gäste als normalen oder auch alkoholfreien Cocktail in kräftigem Pink.
Koch- und Backkurse in der Manufaktur von Blythen
Elena von Gieck ist nicht die einzige in Brandenburg, die bei Blüten auf den Geschmack gekommen ist. In Schöneiche (Oder-Spree) führte Martina Göldner-Kabitzsch 25 Jahre lang ihre Manufaktur von Blythen, mit der sie vor allem Gastronomen davon überzeugen wollte, dass Blumen mehr als Dekoration sein können. Sie veranstaltete Koch- und Backkurse, führte Besucher durch ihren Blütengarten mit 55 unterschiedlichen Pflanzen, deren Verwendung sie dabei erklärte. Zwar hat sie die Firma kürzlich an den Nagel gehängt, um sich neuen Herausforderungen zu stellen. Im Restaurant «Fischerkiez» in Strausberg (Märkisch-Oderland) veranstaltet die Blumen-Expertin jedoch noch regelmäßig «Blütendinner» für interessierte Gäste.
Blüten sind bei ihr längst nicht nur Zutaten für Liköre oder Marmeladen, sondern auch Bestandteil von Marinaden, Balsamico und Soßen. Wer mit Blüten kocht, sollte einiges beachten, rät sie: Die Blüten müssen tatsächlich essbar und nicht giftig sein wie Eisenhut oder Maiglöckchen etwa. Die verwendeten Pflanzenteile sollten zudem ungespritzt, also nicht chemisch behandelt sein und es sollten in der Regel tatsächlich nur die Blütenblätter verwendet werden. «Rosenblüten sind der Klassiker, für die kulinarische Verarbeitung ideal, weil sie ein charakteristisches Aroma haben», erklärt Göldner-Kabitzsch, die inzwischen vier Kochbücher zum Thema veröffentlicht hat. Auch Holunderblüten, Veilchen und Lavendel haben ihren Erfahrungen nach einen besonderen Geschmack.
Auf den intensiv violett blühenden Lavendel haben sich Joanna und Karol Olszewski spezialisiert. Das polnische Ehepaar bewirtschaftet im uckermärkischen Grimme bei Prenzlau mehrere Hektar Lavendelfelder, die an die französische Provence erinnern. Sind die Blüten geerntet, werden sie in Duftsäckchen, Gelee, Sirup und Likör verarbeitet. «Köstlich und beruhigend», seien diese Produkte, sagt Lavendelbauer Olszewski. «Mit unserer Firma Festina lente wollen wir anderen helfen, die Natur in dieser verrückten und hektischen Welt zu verstehen und zu lieben.»
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