Eine Kommune bewilligt beantragte Betreuungskosten, obwohl sie sich nicht dafür zuständig hält. Und jetzt? Sie muss zahlen. Das zeigt ein Urteil des Landessozialgerichts Baden-Württemberg, auf das die Arbeitsgemeinschaft Sozialrecht des Deutschen Anwaltvereins hinweist (Az.: L 7 SO 3290/20).
Im verhandelten Fall hatte der Ortenaukreis (Baden-Württemberg) für einen jungen Mann Eingliederungshilfen bewilligt. Die hatte der Mann dort beantragt. Zuständig war aus Sicht des Ortenaukreises aber eigentlich der Rhein-Neckar-Kreis.
So kam es, dass der Ortenaukreis die Leistungen bewilligte, den Bewilligungsbescheid aber an den Rhein-Neckar-Kreis weiterleitete. In einem Schreiben verwies man darauf, dass diese Leistung nur vorläufig erbracht sei und die Zuständigkeit ja beim Rhein-Neckar-Kreis liege. Nur: Dort lehnte man es ab, die bislang erfolgten Leistungen (rund 54 000 Euro) an den Ortenaukreis zurückzuerstatten.
In fremde Zuständigkeiten eingegriffen
Es ging vor Gericht. Das entschied: Der Ortenaukreis hat keinen Anspruch auf Erstattung. Der Kreis habe den Antrag des Mannes nicht weitergeleitet, obwohl er von einer Zuständigkeit des anderen Kreises ausgegangen sei. Damit habe er das Weiterleitungsgebot missachtet und «zielgerichtet» in fremde Zuständigkeiten eingegriffen.
Normalerweise sieht das Sozialgesetzbuch vor: Nach Eingang eines Antrags auf Teilhabeleistungen hat der Träger (in diesem Fall die Kommune) zwei Wochen Zeit, um seine Zuständigkeit zu prüfen. Stellt er fest, dass ein anderer Träger zuständig sein müsste, muss der Antrag unverzüglich dorthin weitergeleitet werden. Der Antragsstellende (in dem Fall wäre das der Mann gewesen) würde dann darüber informiert werden.
Für den Betroffenen hatte der Rechtsstreit der Landkreise nach Angaben des DAV übrigens keine Auswirkungen: Er bekam die Leistungen, die er beantragt hatte. Von wem sie am Ende überwiesen wurden, dürfte ihm auch egal gewesen sein.
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