Wo wollen Sie Ihre letzten Tage verbringen? Eine Frage, die einer Erhebung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK zufolge oftmals zu kurz kommt. Die meisten Menschen in Pflegeheimen hierzulande wollen demnach nicht in einem Krankenhaus sterben.
Trotzdem würden mehr als die Hälfte der Pflegebedürftigen kurz vor ihrem Tod mindestens einmal in eine Klinik verlegt.
Der am Dienstag veröffentlichte «Pflegereport 2022» des AOK-Bundesverbands zeigt: «Deutlich mehr als jeder dritte Krankenhausfall in den letzten zwölf Wochen vor Versterben kann als potenziell vermeidbar klassifiziert werden.» Explizite Gründe für die im internationalen Vergleich hohe Krankenhauseinweisungsrate sind im Bericht nicht erfasst worden.
Um diesem Trend jedoch entgegenzuwirken, fordert die AOK bessere Rahmenbedingungen für die letzte Lebensphase in der Langzeitpflege. «Eine Verlegung in ein Krankenhaus bedeutet für Menschen, die sich in der letzten Lebensphase befinden, meist zusätzlichen Stress», sagte die Vorstandschefin des AOK-Bundesverbands Carola Reimann. Eine Verlegung berge für die hochbetagten Patienten oftmals erhebliche Risiken – darunter psychische Belastungen, Infektionen, Stürze oder der weitere Verlust von Selbstständigkeit.
Im Sinne der Betroffenen agieren
Viele pflegebedürftige Menschen könnten bis zum Versterben auch im Pflegeheim bleiben. Sofern alle Beteiligten – darunter Mitarbeiter, Hausärzte, Krankenhäuser und Rettungsdienste – eng miteinander kooperieren, um im Sinne der Betroffenen agieren zu können. Um dies gewährleisten zu können, müsse insgesamt bei der Versorgung am Lebensende genauer hingeschaut werden.
Eine breite fachliche Diskussion über die Versorgung vor dem Sterben sei deshalb dringend geboten, heißt es im Bericht. Dazu gehöre unter anderem die Verbesserung der sektorenübergreifenden Prozesse und die Stärkung der berufsgruppenübergreifenden Zusammenarbeit. Auch die Palliativ-Kompetenzen von Ärzten und Pflegenden müssten weiterentwickelt werden – Zudem machte der Bundesverband auf den Personalmangel in den Pflegeeinrichtungen aufmerksam.
Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) rief den Bund anlässlich des Berichts zu Verbesserungen in der Sterbebegleitung in Pflegeheimen auf. «Niemand sollte kurz vor dem Tod in ein Krankenhaus abgeschoben werden, nur weil die Betreuungskapazitäten in den Heimen nicht ausreichen.» Holetschek sprach sich unter anderem für bessere Arbeitsbedingungen für Pflegende aus.
Sterbebegleitung der Individualität anpassen
Der Vorsitzende des Kuratoriums Deutsche Altershilfe (KDA), Helmut Kneppe, warnte vor einer Institutionalisierung der Sterbebegleitung. «Wir sollten den Mut haben, Sterbebegleitung der Individualität und Vielfältigkeit der Menschen mehr anzupassen.» Kneppe erwarte von den Institutionen «etwas mehr Respekt vor den Wünschen und dem Willen Sterbender».
Auch die Deutsche Stiftung Patientenschutz forderte Maßnahmen für eine verbesserte Sterbebegleitung in Pflegeeinrichtungen. «Weil zusätzliches Personal und praktische Unterstützung fehlen, werden viele der Bewohner am Ende des Lebens zwischen Heim und Klinik hin- und hergeschoben», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. Er forderte Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) dazu auf, das Leiden dieser Menschen endlich zu seiner Sache zu machen.
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